Bei welchen Symptomen sollten man zum Arzt gehen? Wie läuft die Diagnose ab? Wo finden sich die richtigen Experten für eine Lungenkrebs-Diagnostik? Warum ist die Zertifizierung von Krankenhäusern so wichtig und was ist das nNGM? Diese Fragen beantwortet uns Herr Prof. Neurohr.
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Prof. Dr. med. Claus Neurohr
Chefarzt Pneumologie und Beatmungsmedizin am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart
Symptome, bei denen man zum Arzt gehen sollte:
Risikopatienten:
Symptome bei Nichtrauchern:
COPD:
Erste Schritte bei Symptomen:
Notwendigkeit der Bildgebung:
Zertifizierte Lungenkrebs-Zentren:
Diagnostische Schritte:
Lungenfunktion:
Diagnostisch-Therapeutische Überlegungen:
Befallene Lymphknoten/Metastasen:
Diagnosesicherung:
TNM-Klassifikation:
Das klassische Symptom ist Husten. Manche Patienten haben auch Luftnot, ein pfeifendes Geräusch oder Auswurf. Insbesondere wenn Blutbeimengungen dabei sind, ist das ein sehr auffälliges Zeichen.
Wer zählt zu den Risikopatienten?
Risikopatienten sind typischerweise Raucher. Auch Ex-Raucher zählen zu den Risikopatienten. Wenn man schon lange nicht mehr raucht, sinkt das Risiko, aber es ist nicht null. Aspekte wie Passivrauchen darf man auch nicht vergessen.
Es gibt auch berufsassoziierte Krebsarten. Manche Menschen (auch manche Arbeitnehmer) unterliegen einer gewissen Überwachung.
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Mehr InformationenDer Verdachtslevel ist natürlich geringer, aber prinzipiell sind es die gleichen Symptome. Insbesondere Husten, der länger als 6 bis 8 Wochen geht, sollte konsequent abgeklärt werden. Ob man direkt ein CT machen muss oder erst zum HNO-Arzt geht, muss der Arzt oder die Ärztin entscheiden. Wenn die 6 bis 8 Wochen noch nicht rum sind, der Patient aber Symptome wie zum Beispiel Bluthusten hat oder zu einer der Risikogruppen gehört oder schon eine bekannte Lungenerkrankung hat (z.B. COPD) und noch andere Symptome dazukommen, dann auf jeden Fall vorher abklären.
COPD steht für chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Das ist eine Lungenerkrankung, die in der Regel in Deutschland in der Mehrzahl der Fälle durch Rauchen induziert ist. Es gibt auch erbliche Komponenten, bei denen das Lungengerüst angegriffen oder zerstört ist, und man chronisch Luftnot und Husten hat. In der Computertomografie (CT) und in der Lungenfunktionsuntersuchung sieht man, dass eine Einschränkung vorhanden ist.
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Das deutsche Gesundheitssystem sieht vor, dass primär der Hausarzt aufgesucht wird. Dieser hat eine Gatekeeper-Funktion, und sieht, ob es andere offensichtliche Gründe gibt (z.B. Asthma, Infektionen wie Corona oder Influenza oder Probleme im HNO-Bereich). Wenn das nicht der Fall ist, sollte eine lungenfachärztliche Abklärung erfolgen. In der Kombination aus Lungenfunktion, Laboruntersuchungen und Bildgebung der Lunge.
Welche Bildgebung man braucht, hängt davon ab, welcher Verdacht im Raum steht. Ist der Patient ein Risikopatient oder tauchen „Red Flags“ (Alarmsignale wie z.B. Bluthusten oder starker Gewichtsverlust) auf, braucht man eine Computertomographie.
Wenn das CT auffällig ist. Dann empfehlen wir die weitere Diagnostik und Therapie an einem Lungenkrebs-Zentrum zu machen.
Die freie Arztwahl ist ein Vorteil in Deutschland. Auf der einen Seite schön, auf der anderen Seite manchmal ein Nachteil, weil die Patienten gerne heimatnah sein möchten, was man auf der einen Seite verstehen kann, auf der anderen Seite aber schlau wäre zu sagen: 20 Kilometer zusätzliche Fahrt nehme ich in Kauf, um mich direkt in einem Zentrum vorzustellen (in großen Ballungsräumen ist es noch näher).
In der Regel sind die Ärzte angehalten zu sagen, dass es woanders eine bessere Expertise gibt. Aber das passiert leider nicht immer. Wenn ein Patient einen ernst zu nehmenden Verdacht auf Lungenkrebs hat, sollte er in einem zertifizierten Lungenkrebs-Zentrum vorstellig werden. Auch die Studienlage zeigt, dass man bessere Ergebnisse hat, wenn man direkt von Anfang an in einem Zentrum ist. Auf oncomap.de findet man die entsprechenden Zentren.
Mit nNGM (nationales Netzwerk Genomische Medizin) ist eine spezielle Sorte von Diagnostik möglich. Wenn sich die Verdachtsdiagnose bestätigt hat, ist es heutzutage zum Glück nicht damit getan, dass man sagt: „Sie haben Lungenkrebs“. Es kommt eine ganze Reihe weiterer Diagnostik dazu, die in der Regel auf molekularer und genetischer Basis abläuft. Die Zentren, die in diesen Netzwerken zusammengeschlossen sind, bieten den Patienten häufig Therapieoptionen an, die sie vielleicht woanders nicht oder noch nicht bekommen. Deshalb legen wir den Patienten ans Herz, spätestens im zweiten Schritt zu versuchen, aus dem Gewebe, was gewonnen werden muss, alles für den Patienten rauszuholen an diagnostischen und dann vielleicht auch therapeutischen Möglichkeiten.
Zuerst sollte man den Patienten mit einem passenden CT (aussagekräftige Computertomografie) vor sich haben, um zu sehen, in welcher Verfassung der Patient ist und was man ihm zumuten kann. Zum CT werden noch bestimmte andere Untersuchungen benötigt, in der Regel Laboruntersuchungen, Lungenfunktion und weitere Untersuchungen, je nachdem, ob der Patient bestimmte Begleiterkrankungen hat oder nicht. Ein EKG und zum Beispiel ein Herzultraschall. Die Lungenkrebszentren sind darauf trainiert, schnell festzustellen, wie man sich der Verdachtsdiagnose am besten nähert. Es gibt auch andere Veränderungen an der Lunge. Dann wird das CT und der Patient angeschaut, die Lungenfunktion und Labor, und dann raten wir, wie wir aus dieser Veränderung an der Lunge am besten die Probe nehmen.
Die Lungenfunktion beantwortet die Frage: Hat der Patient eine Ventilationsstörung? Das ist eine Einschränkung der Lungenvolumina. Die Luft geht nicht mehr richtig durch die Bronchien. Es gibt zwei Ventilationsstörungen: obstruktiv und restriktiv. Bei der obstruktiven Ventilationsstörung geht die Luft nicht gut raus, weil die Atemwege verengt sind. Bei der restriktiven kann sich die Lunge nicht gut ausdehnen.
Entscheidend ist, den Patienten zu sehen, um ihm auch banale Fragen stellen zu können wie z.B.: „Wie viele Stockwerke können Sie am Stück gehen?“ Wer gut belastbar ist, dem kann man auch mehr Untersuchungen zum Beispiel in Narkose zumuten als jemandem, der gebrechlicher ist und sagt: „Nach einem halben Stockwerk ist Schluss.“ Daraufhin wird eine Risikoabschätzung für den Patienten gemacht, damit mit der Therapie nicht mehr Schaden angerichtet wird als Gutes.
Es kann eine Situation entstehen, in der man in der Computertomografie eine auffällige Stelle entdeckt. Die beste Diagnostik/Therapie wäre zum Beispiel die primäre Operation, da die Stelle wie ein Tumor aussieht und an einer Stelle sitzt, an der man direkt operieren könnte. Man hätte direkt eine Diagnostik und vielleicht eine kurative Therapie (heilenden Ansatz), aber der Patient ist aus irgendeinem Grund nicht operabel, weil er zum Beispiel eine schwere Einschränkung der Herzfunktion oder eine schwere Einschränkung der Lungenfunktion hat, bei der man vielleicht technisch operieren könnte, aber nicht funktionell, weil er von der Lungenfunktion zu krank ist. Dann muss man versuchen, das anders rauszubekommen, damit eine histologische/feingewebliche Diagnose vorliegt.
Deshalb ist es wichtig, dass der Patient von einem Pneumologen (Lungenfacharzt) gesehen wird, der diese ganzen Aspekte wie Lungenfunktion, CT, Allgemeinzustand des Patienten zusammenführt, um den nächsten diagnostischen Schritt zu bestimmen.
Dazu gehört auch nach einem Befall von Lymphknoten und nach Metastasen zu schauen. Es gibt bestimmte Kriterien, die auf Lungenkrebs hinweisen. Wenn das der Fall ist, wird auch gesagt, ob es Hinweise in der Computertomographie auf befallene Lymphknoten gibt oder nicht. Dafür braucht man in der Regel ein CT mit Kontrastmittel mit einer Darstellung der Lymphknoten.
Wenn man Hinweise auf einen befallenen Lymphknoten zum Beispiel im Halsbereich hat und dieser ist von außen durch eine ultraschallgesteuerte Punktion leicht zugänglich, kann man dem Patienten vielleicht eine weitere Diagnostik an der Lunge (z.B. Lungenspiegel) ersparen.
Es gibt auch andere Diagnosen, die man an der Lunge haben kann, die teilweise genauso unangenehm sind wie Lungenkrebs, teilweise nicht so unangenehm, aber ganz anders behandelt werden. Es kommt auch vor, dass primär der Verdacht auf Lungenkrebs besteht, dann aber was anderes rauskommt. Dann wird natürlich anders behandelt.
Deshalb ist eine Diagnosesicherung wichtig. Dafür braucht man eine feingewebliche Untersuchung. Das ist manchmal nicht einfach, da die Pathologen ausreichend Gewebe für diese Zusatzuntersuchungen benötigen und die Ansprüche der Pathologen steigen.
Im weiteren Schritt muss alles zum Gesamtbild zusammengesetzt werden.
Wo sitzt der Tumor (Primarius oder der primäre Herd)? Wie groß ist er (beschreibt der Radiologe oder später auch der Pathologe)? Welche Ausdehnung hat er? Befällt er die Brustwand oder das Zwerchfell oder andere Strukturen zum Beispiel zum Herzen hin? Wie weit wächst er an dem Baum der Atemwege, dem trachial-bronchialen System entlang?
Sind Lymphknoten betroffen? Gibt es Lymphknotenstationen an der Lunge, bei denen man in Kombination mit der Bildgebung rausbekommen muss, welche Lymphknoten betroffen sind und welche nicht.
Ist woanders etwas betroffen? Sind Metastasen zum Beispiel im Gehirn, im Knochenmark, an der Leber?
Das sind die klassischen Sachen, nach denen geschaut wird. Der Patient wird von oben nach unten untersucht. Das nennt sich Staging mit verschiedenen bildgebenden Verfahren. Dann kommt man zum Schluss: Ist es Krebs: Ja oder nein? Dann wird weiter untersucht, welche Art von Krebs es ist und wie ausgedehnt der Krebs ist. Das alles wird in einem Tumorboard besprochen. Wenn die feingeweblichen Untersuchungen in aller Detailschärfe da sind, wird gesagt, was für diesen Patienten das beste Vorgehen ist.