Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Fatigue? Welche Ursachen gibt es und wie kann man dagegen ankämpfen? Dr. Katrin Benzler, Expertin auf diesem Gebiet, gibt wertvolle Einblicke und zeigt Wege auf, wie Betroffene trotz dieser Herausforderung zurück in ein aktives Leben finden können. Erfahren Sie mehr über die Bedeutung von Ernährung, Bewegung und einem starken sozialen Umfeld bei der Bewältigung einer Fatigue.
Dr. med. Katrin Benzler
Fachärztin für Hämatologie und Onkologie, Bereichsleitung Medizinische Onkologie am Universitätsklinikum Tübingen
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Eine Art Müdigkeitssyndrom. Trotz ausreichender Schlafenszeit fühlt man sich nicht erholt, chronisch müde und antriebslos.
In diesem Text geht es um Fatigue im Zusammenhang mit einer onkologischen Erkrankung. Das muss man von einer Fatigue nach einer Infektionskrankheit trennen.
Die Patienten sind chronisch müde, sie bewältigen ihren Alltag häufig nicht. Dinge, die ihnen sonst leichtgefallen sind, fallen ihnen unendlich schwer. Sie können sich schlecht aufraffen irgendwo hinzugehen und alltägliche Dinge zu erledigen. Sie haben manchmal auch Gedächtnisstörungen oder fühlen sich erschöpft und schaffen es häufig nicht, ihren normalen Alltag zu bewältigen.
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Mehr InformationenEs überschneidet sich. Es ist sinnvoll einen Spezialisten mit ins Boot zu holen, wenn man eine Depression ausschließen möchte.
Die Fatigue kann, durch die Tumorerkrankung ausgelöst, schon vor der Therapie auftreten. Sie kann auch während einer Krebstherapie auftreten oder sogar nach einer Tumorerkrankung. Selbst wenn die Erkrankung geheilt sein sollte, ist es möglich, dass eine Fatigue auftritt oder bestehen bleibt.
Wenn trotz ausreichender Nachtruhe Unausgeschlafenheit, Antriebslosigkeit, chronische Müdigkeit und Ruhebedürfnis auftreten, ist es relativ klar, dass eine Fatigue vorliegt.
Die Ursachen sind meist breit gestreut. Es kann die Tumorerkrankung selbst sein oder falls eine Operation durchgeführt wurde, postoperative Ursachen.
Manchmal kommt es zu einer Blutarmut im Rahmen der Tumortherapie, zum Beispiel bei Chemotherapien, die zu dieser Müdigkeit führen kann.
Es kann zu Störungen im Hormonstoffwechsel kommen, die auch die Fatigue beeinflussen oder verschlechtern können.
Eine Tumorerkrankung, die eventuell noch weiter besteht, ist wie eine chronische Entzündung, die im Körper vorhanden ist und den Körper schwächt. Eine Krebserkrankung entzieht dem Körper sehr viel Energie.
Häufig kommt es zum Muskelabbau durch längere Bettlägerigkeit. Mangelnde Muskeln machen müde.
Geht die Fatigue wieder weg, wenn diese Energiefresser, wie die Anämie (durch Chemotherapie) nach der Therapie oder der Tumor durch eine erfolgreiche Therapie weg sind und sich das Blutbild wieder aufgebaut hat?
Häufig wird sie deutlich besser. Aber nicht bei allen Patienten. Man darf die psychische Komponente nicht vergessen. An einer Tumorerkrankungen zu erkranken ist für die Patienten ein einschneidendes Erlebnis. Da werden Werte, häufig auch das ganze Leben in Frage gestellt. Das alles muss erst mal wieder zurechtgerückt werden.
Wenn das Körperliche alles wieder in Ordnung ist, heißt es nicht, dass in Summe alles in Ordnung ist. Oft erleben Patienten das als sehr frustrierend, wenn sie vorher blühend im Leben standen und plötzlich nur noch schlapp in der Ecke sitzen.
Bestimmte Aspekte der Fatigue kann man diagnostizieren. Blutarmut kann man zum Beispiel ausschließen oder therapieren, indem man Bluttransfusionen verabreicht. Ein Ungleichgewicht gewisser Hormone kann man eventuell durch Tabletten ersetzen. Bei Schlafstörungen kann man daran arbeiten, dass der Schlaf wieder effektiver wird.
Wenn Patienten Gewicht abnehmen, vor allem durch Abbau von Muskelmasse, sollte ein körperliches Training gemacht werden, um die Muskeln entsprechend zu erhalten. Auch das Thema Ernährung ist sehr wichtig. Dem Körper müssen ausreichend Nährstoffe zur Verfügung gestellt werden damit die Muskeln nicht abgebaut werden und bei gewissem Training auch erhalten bleiben.
Was muss bei der Ernährung beachtet werden?
Eine Empfehlung ist, ausreichend Proteine zu sich zu nehmen und auf eine ausreichende Zufuhr von Kalorien zu achten. Es ist nicht jeder Fan von Protein-Shakes. Es gibt aber Patienten, die auf natürlichem Wege (über Essen) nicht genug Kalorien zu sich nehmen können, so dass man zum Beispiel hochkalorische Trinknahrung zuführt. Es gibt auch Pulver, die man in entsprechende Nahrung einrühren kann und damit die Kaloriendichte anheben kann, um genug Kalorien zu sich zu nehmen.
Und wenn man keine weiteren Begleiterkrankungen hat, ist es durchaus erlaubt auch mal ein Stück Torte zu essen, sich etwas zu gönnen, wenn man es essen kann.
Wenn es einem schlecht geht und man sich matt und antriebslos fühlt, erscheint einem Sport zu treiben sehr weit hergeholt. Was gibt es hier für Tipps?
Körperliche Bewegung ist sehr wichtig. Es erwartet niemand, dass ein Marathon gelaufen wird, eher ein Spaziergang mit der Familie oder Freunden. Und wenn es nur zehn Minuten sind, einfach vorsichtig anfangen.
Wenn Unterstützung benötigt wird, gibt es die Möglichkeit von krankengymnastischen Übungen unter Anleitung. Diese Übungen kann man zu Hause vorsichtig weitermachen und vielleicht sogar ausbauen.
Grundsätzlich muss man mit Tabletten, die den Schlaf fördern, sehr vorsichtig sein, da viele Präparate leider abhängig machen. Aber es gibt Situationen, die manchmal medikamentös unterstützt werden müssen.
Ansonsten gibt es, wie bei Kindern, die Möglichkeit, gewisse Rituale einzuhalten, um den Schlaf zu verbessern, dafür zu sorgen, dass die Matratze bequem ist, dass das Zimmer eine entsprechende Temperatur hat, die Bettdecke nicht zu dick ist und man seine Ruhe finden kann.
Viele Patienten erleben im Rahmen der Therapie, dass Freundschaften schwer aufrecht zu erhalten sind. Manchmal sind die Freunde überlastet und wissen nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Aber manchmal ist es auch einfach schwierig, weil die eine Person im Krankenhaus ist und die andere so weit weg ist.
Die sozialen Faktoren sind wichtig, um den Weg zurück ins Leben zu finden. Ein wichtiger Aspekt ist, Kontakte wieder aufleben zu lassen, alte Kontakte eventuell wieder hervorzuholen, sich mit Freunden zu treffen und wenn es nur für eine Viertelstunde ist. Die meisten Freunde haben hoffentlich Verständnis dafür und freuen sich auch den Kontakt kurz wieder aufnehmen zu können.
Wenn Patienten an einer Tumorerkrankung erkranken, schotten die Familienangehörigen sie manchmal ab und sagen: Jetzt musst du dich schonen oder bleib zu Hause und mach nicht so viel. Das ist für die Patienten manchmal schwierig auszuhalten, wenn sie ihren eigentlich geliebten Hobbys plötzlich nicht mehr nachgehen können. Da muss man sehr vorsichtig sein, dass man die Patienten nicht zu sehr schützt, sondern ihnen den Freiraum gibt, die Dinge zu machen, die ihnen Spaß machen.
Das ist sehr individuell. Es gibt Patienten, die an einer Tumorerkrankungen erkranken und fast keine Fatigue haben, und es gibt Patienten, die schwer betroffen sind, schwer leiden und sich aus einem tiefen Loch wieder nach oben arbeiten müssen. Da dauert häufig sehr lange – Wochen, Monate. Es gibt auch einzelne Patienten, die sich nie wieder richtig erholen können und in den Zustand kommen wie vor der Chemotherapie oder vor der Tumorbehandlung als solche.
Diese Behinderungen werden oft durch die Tumorerkrankungen selbst ausgelöst. Aber es gibt natürlich auch Nebenwirkungen, die durch die Behandlung verursacht worden sind, sodass manchmal tatsächlich eine dauerhafte Einschränkung bleiben kann.
Bei einer Krebserkrankung sollte das ganze Team vorgestellt werden. Dazu gehören die Psycho-Onkologen und die Sozialarbeiter (die bezüglich sozialrechtlicher Fragen oder zum Beispiel Grad der Behinderung etc. helfen können).
Zusätzlich gibt es Ernährungsberater. Die können sehr wertvolle Hilfe leisten und sind in den größeren Häusern in der Regel immer vorhanden.
In vielen Häusern gibt es Klinik-Seelsorger, die für viele Patienten sehr wichtig sind. Diese sind nicht nur für christliche Religionen, es gibt häufig für verschiedene Religionen entsprechende Kollegen, die zu den Patienten gehen können.
Das ist in jeder Klinik und Praxis unterschiedlich. Es gibt auch Praxen, die Tumorpatienten behandeln und Leute haben, die entsprechend kommen. Häufig ist es so, dass diese von der Pflege informiert werden, aber es ist auch ganz häufig so, dass das Ärzteteam entsprechende Konzile ausstellt. Wenn eine bestimmte Problematik besteht, wird gezielt auf die entsprechenden Fachdisziplinen zugegangen (z. B. Ernährungsberater).
Viele Kliniken werden im Rahmen ihrer Tumor-Therapiemöglichkeiten zertifiziert. Und im Rahmen dieser Zertifizierung wird zu Recht auch eingefordert, dass die Patienten entsprechend beraten werden.
Im Rahmen der Zertifizierung muss das Krankenhaus oder die Klinik nachweisen, dass dieses Team zur Verfügung steht. Die Kosten sind dementsprechend gedeckt. Wenn ein Ernährungsberater da ist, muss der Patient nicht separat bezahlen. Das ist im Rahmen seiner Therapie enthalten.
Wichtig: Wenn man das Gefühl hat, dass man keine Kraft mehr hat, unbedingt mit dem Arzt sprechen. Wenn man sich das nicht traut, kann man auch auf die Pflegepersonen zugehen. Für manche Patienten ist die direkte Ansprache des Arztes eine Überwindung. Pflegekräfte, Arzthelferin oder medizinischen Fachangestellten können auch helfen.
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