Frau Broeckmann, Psychotherapeutin und Psychoonkologin arbeitet seit über 20 Jahren mit dem Thema, wie Eltern ihren Kindern erklären können, dass sie an Krebs erkrankt sind. In diesem Beitrag wird auf die ganz kleinen Kinder, zwischen Säugling und zweiten Lebensjahr, eingegangen.
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Dipl.-Psych. Sylvia Broeckmann
Psychologische Psychotherapeutin
Psychoonkologin (DKG)
Verständnis von Kindern (Säugling bis zweites Lebensjahr)
Betreuungsperson
Hauptbetreuungsperson erkrankt
Familienhilfe
Längere Abwesenheit des erkrankten Elternteils
Reaktion auf verändertes Aussehen
Auswirkungen auf Weiterentwicklung und Gefühlsleben
Videotelefonie bei langer Abwesenheit
Gar nichts! Für Kinder in dem Alter ist es nur wichtig, dass sie eine Regelmäßigkeit haben. Sie können vielleicht wissen, dass die Mama oder der Papa ein Aua haben und deshalb operiert werden oder Medikamente bekommen, aber eigentlich ist in diesem Alter nur wichtig, dass eine regelmäßige Versorgung besteht. Wenn das innerhalb der Familie geleistet werden kann, ist das super, wenn das nicht geht, kann eine Familienhelferin unterstützen. Wichtig ist die Routine, das ganz Normale.
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Mehr InformationenDer positivere Fall für das Kind ist, wenn nicht die Person erkrankt ist, die sich normalerweise um das Kleinkind kümmert. Das Wichtigste für das Kind ist, dass derjenige, der sich kümmert, sich auch wirklich kümmern kann und nicht zusätzlich mit anderen Dingen beschäftigt ist, die es zu erledigen oder zu organisieren gibt. Möglichst genauso für das Kind da sein können wie vorher. Kinder sind nicht unbedingt den ganzen Tag mit der betreuenden Person zusammen, sondern sie sind vielleicht in einer Kita oder bei Freunden oder Großeltern. Es sollte relativ normal weiterlaufen.
Dann wäre es gut, wenn die betreuende Person trotzdem relativ konstant bleibt. Entweder der Vater kann sich kümmern oder es gibt aus der Familie jemanden, der kontinuierlich kommt oder eine Familienhilfe. Das schwierige für solche kleinen Kinder ist, wenn es eine Art Patchwork gibt: Am Montag kommt die eine Oma, am Dienstag die andere Oma, am Mittwoch kommt die Tante, am Donnerstag hat der Vater Homeoffice und kümmert sich usw. Das wäre sehr ungünstig, da die Kinder Kontinuität brauchen. Lieber eine konstante Familienhelferin als wechselnde Betreuungen innerhalb der Familie.
Für Kinder unter zwölf Jahren bezahlen das die Krankenkassen. Man wendet sich entweder direkt an die Kasse oder an die örtliche Sozialstation oder das wird über den Sozialdienst vom Krankenhaus organisiert.
Eine Patientin hat ihre Kinder nach jeder Chemo zu den Großeltern gebracht. Die Kinder sind von dort aus zur Schule und zur Kita gegangen oder bei den Großeltern geblieben. Die Großeltern haben die Kinder nach jeder Chemotherapie für drei Tage betreut. Danach sind sie wieder nach Hause und das hat gut funktioniert, weil klar war: Die Kinder sind für drei Tage betreut, die Mutter kann in Ruhe mit ihren Nebenwirkungen klarkommen und dann sind die Kinder wieder da.
Die Kleinen gewöhnen sich sehr schnell daran. Die schauen einmal und dann ist es egal. Haare sind zum Beispiel gar nicht so dominant in der Wahrnehmung eines Kindes. Wenn die Stimme gleich ist, wenn es sich gleich anfühlt, sind die Haare egal. Eine Veränderung kennt das Kind auch, wenn die Mutter vom Friseur kommt oder wenn sie sich die langen Haare hochsteckt. Das ist für das Kind völlig irrelevant. Die Erwachsenen können das abstrahieren, aber Kinder nicht.
Das Kind kann kleine Rückschritte machen. Vielleicht ist es schon trocken gewesen und fängt wieder an sich einzunässen. Aber wenn eine einigermaßen ruhige, kontinuierliche Betreuung organisiert ist, passiert meistens überhaupt nicht viel. Kinder sind zum Glück erstaunlich robust. Es ist tatsächlich so, dass diese Verletzlichkeit gepaart ist mit einer Robustheit in Ecken, wo man es gar nicht erwartet.
Wenn bei den Eltern Panik auftritt, reagieren die Kinder auch. Sind die Eltern sehr aufgeregt und haben Angst vor dem was kommt, wird das Kind auch aufgeregt sein. Ein kleiner Junge hat in dem Alter zum Beispiel einfach aufgehört zu essen. Das war schlimm für die Eltern. In Gesprächen ist klar geworden, dass die Mutter so unter Strom gestanden hat, dass dem Kleinen der Magen wie zugeschnürt war. Daraufhin hat die Mutter Entspannungsübungen gemacht und nach ein paar Tagen ging es wieder besser. Das war eine Reaktion auf ihre Anspannung. Als sie wieder einigermaßen entspannt war, hat sich das Kind auch wieder gefangen. Das ist der Klassiker. Es ist natürlich gar nicht so einfach, diese Anspannung zu überwinden. Das ist eine große Aufgabe.
Das kann man machen. Es wird nicht furchtbar viel ändern. Die Kleinen patschen auf dem Bildschirm rum und es ist komisch für sie, weil die Person zu sehen ist aber trotzdem nicht da ist. Die Stimme ist da aber irgendwie anders als normal, fühlen kann man sich nicht. Es schadet sicher nicht aber ob es hilft?
Für die erkrankte Person kann es eine Hilfe sein. Man sieht das Kind und wie es dem Kind geht. Aber für das Kind selbst? Kein Körperkontakt = keine Realität. Für ältere Kinder ist dieses Abstraktionslevel eher da.
Für die ganz kleinen Kinder ist Kontinuität und eine ruhige Art das Wichtigste.