Klarheit! Dinge müssen ausgesprochen werden und es muss eine Perspektive nach vorne geben. „Jetzt ist diese Situation, dann passiert das und das und das erwarten wir.“ Leider verlaufen Krebserkrankungen aber nicht immer so vorhersehbar. Aber das Benennen bedeutet auch: „Wissen wir nicht aber wir hoffen, dass dies und das passiert.“ Es sollte auf jeden Fall eine Richtung in die Zukunft haben.
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Dipl.-Psych. Sylvia Broeckmann
Psychologische Psychotherapeutin
Psychoonkologin (DKG)
Verständnis von Kindern (Säugling bis zweites Lebensjahr)
Betreuungsperson
Hauptbetreuungsperson erkrankt
Familienhilfe
Längere Abwesenheit des erkrankten Elternteils
Reaktion auf verändertes Aussehen
Auswirkungen auf Weiterentwicklung und Gefühlsleben
Videotelefonie bei langer Abwesenheit
Es ist wichtig, dass die Kinder Erklärungen bekommen. Kinder sind in dem Alter in der Regel sehr an technischen Dingen interessiert. Wie funktioniert das, wenn die Chemotherapie kommt? Wie kommt die Flüssigkeit in das Blut? Wenn man so etwas Technisches erklärt, ist das etwas Handhabbares. Die Kinder wissen: Erwachsene haben technische Lösungen und die funktionieren meistens auch. Ein Auto funktioniert, auch wenn man nicht genau weiß wie. Oder wie ein Flugzeug fliegt? Man kann was von Luftzügen erzählen und so hilft es auch in der Erkrankung, zu erklären, wie irgendwas passiert.
In der Schule wird die Zellteilung in dem Alter noch nicht behandelt, aber man kann schon etwas ins Detail gehen, wo im Körper was passiert. Es gibt Bücher, in denen die Anatomie auch für Kinder dargestellt wird. Die kann man nehmen und zeigen, wie was funktioniert oder was wo passiert. Das ist oft hilfreich.
Auch in diesem Alter sollte man unbedingt klarmachen, dass es viele unterschiedliche Krebserkrankungen gibt und den Kindern deutlich machen, dass sie auf keinen Fall darauf hören sollen, was andere Leute sagen. Wenn die Kinder eine Frage haben, sollen sie bitte zu den Eltern kommen und nachfragen. Unbedachte Äußerungen von Außenstehenden können Ängste auslösen, die nicht gerechtfertigt sind. Deshalb muss man auf jeden Fall vorher mit den Kindern sprechen, damit sie nicht erschrecken, wenn sie irgendwas hören, z. B. den Klassiker: Der Opa von Soundso ist an Krebs gestorben. Kinder trauen sich nicht nachzufragen, weil sie die Eltern nicht belasten wollen und vielleicht auch Angst vor der Antwort haben. Man sollte die Kinder darauf vorbereiten, dass sie mit solchen Aussagen konfrontiert werden können: „Wenn das passiert, kommst du einfach und fragst nach, weil sonst erschreckst du dich unnötig.“
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Mehr InformationenWenn man als Betroffener selbst noch im Ungewissen ist, sollte man sich eher noch zurückhalten. Aber wenn die Diagnose da ist und einigermaßen schnell klar ist, wie es weitergeht, kann man warten bis der Fahrplan steht. Denn dann kann man den Kindern direkt sagen: „Das wurde festgestellt und jetzt passiert das und das.“
Wenn sich die Diagnose aber lange hinzieht, sollte man vorher schon mal anklingen lassen, dass etwas nicht in Ordnung ist. „Müssen wir abklären lassen, wissen wir noch nicht, deshalb sind wir alle ein bisschen angespannt.“ Das ist eine schwierige Situation für alle Beteiligten und wenn die Nerven blank liegen, kann man tatsächlich vorwarnen, dass man eventuell mal ungerecht wird.
Die Kinder müssen folgendes wissen: Was ist es für eine Erkrankung? Wie heißt sie? Welche Therapien sind angedacht? Chemotherapie, Antikörper, Bestrahlung, Operation. Man kann z. B. noch erklären: „Die Chemotherapie bekomme ich als Infusion, die läuft über einen Tropf.“ Oder „ich bekomme die Chemo als Tabletten.“ Mehr braucht es eigentlich nicht. Bei Nachfragen kann man natürlich ins Detail gehen aber eigentlich reichen diese Informationen aus.
Klassische Frage, gestellt oder ungestellt. Ca. 90% der Kinder denken darüber nach und 20% sprechen die Frage aus. Wie geht man mit den 70% um, die die Frage nicht stellen? Wenn man das Gefühl hat, dass sich das Kind damit beschäftigt, spricht man es an.
Wenn Eltern wissen, dass es eine genetische Komponente gibt, dann besteht tatsächlich das Risiko. Dann kann man z. B. sagen: „Keine Ahnung, ob du das bekommst, aber nicht als Kind. Und später schauen wir dann mal.“
Wenn man davon ausgeht, dass es keine genetische Komponente gibt: „Ich habe Pech gehabt und du wirst kein Pech haben. Du hast dir ja auch schon mal das Knie aufgeschlagen, aber ich habe mir nicht das Knie aufgeschlagen.“ Ein guter Vergleich.
Wenn ich das Gefühl habe, dass sich das Kind Gedanken macht, spreche ich es an.
Es kann gut sein, dass einmal sagen nicht ausreicht. Es ist gut das zu wiederholen. „Ich weiß, wir haben da schon drüber gesprochen, aber ich dachte, vielleicht denkst du das trotzdem. Aber ich sage dir, du hast damit nichts zu tun. Meine Krankheit! Pech.“
Das ist eine wichtige Frage, die unbedingt beantwortet werden soll: „Jetzt gibt es erst mal Krankengeld und Lohnfortzahlung, dann Krankengeld und dann ist der Papa oder die Mama wahrscheinlich wieder gesund.“ Und wenn das nicht der Fall ist, gibt es eine Rente oder der andere Elternteil fängt wieder an zu arbeiten oder die Großeltern springen ein… Es ist wichtig, dass es einen Plan gibt, der den Kindern hilft, einen positiven realistischen Ausblick in die Zukunft zu geben.
Kinder denken oft, dass mit dem eigenen richtigen Verhalten die Krankheit wieder weggeht. Manchmal gibt es neben „brav sein“ ganz abstruse Sachen, die sich Kinder ausdenken. Wenn ein solches Verhalten auffällt, muss man klar sagen: „Ich freue mich, dass du so brav bist und dein Zimmer aufräumst. Aber mit der Krankheit hat das nichts zu tun.“ Nicht einfach nur freuen, dass das Zimmer aufgeräumt ist, sondern diesen Zusammenhang bzw. Nicht-Zusammenhang noch mal klarmachen.
Ungefähr 15%, der größte Teil kommt ganz gut durch. Die Kinder sind deutlich resilienter als man annimmt. Aber bei den Kindern, die Schulprobleme haben, sollte man bei den Eltern schauen, wie sie mit der Erkrankung umgehen. Normalerweise gilt: Entspannte Eltern = entspannte Kinder. In der Regel sieht man bei den Eltern, dass sie nicht gut mit der Erkrankung umgehen. Oder die Kinder sind nicht aufgeklärt, irgendwo im Dunkeln ist ein Monster.
Heutzutage seltener, aber es passiert immer noch. Oder die Eltern schwächen die Situation ab, umschiffen mit aller Macht das Wort Krebs. Das befeuert die Phantasien und je mehr die Kinder das Gefühl haben, dass etwas ist, was verschwiegen wird, desto dramatischer muss es sein. Sonst würden sie es ja sagen. Indem die Eltern versuchen, das niedrig zu halten, befeuern sie Katastrophenphantasien.
Die Angst der Eltern ist, dass die Kinder bei dem Wort Krebs assoziieren, dass irgendjemand im Umfeld an Krebs gestorben ist. Das stimmt auch oft. Aber wenn ich weiß, was mein Kind damit assoziiert, kann ich mit dem Kind über die Unterschiede reden: „Die Mama von der Nadine ist tatsächlich daran gestorben, aber die hatte einen ganz anderen Krebs als ich.“
Heutzutage könnte man auch etliche Beispiele benennen, wo Leute geheilt wurden. Aber oftmals weiß man das gar nicht. Niemand geht mit einem Schild durch die Straße: „Ich bin geheilt, hatte früher mal Krebs.“ Wenn das alle täten, hätten wir eine Demo, was eigentlich toll wäre.
Erwachsene erleben das oft. Wenn Frauen mit Brustkrebs die Krankheit in ihrer Umgebung veröffentlichen, kommen plötzlich viele andere Fälle zutage. Aber diese Beispiele haben die Kinder nicht. Außer wenn man zum Beispiel sagen kann: „Die Oma hatte früher auch mal Krebs. Das ist schon lange vorbei. Und ihr geht es wieder gut.“ Das ist wichtig, den Kindern positive Beispiele zu nennen, gerade wenn sie mit negativen Beispielen konfrontiert zu werden.
Klassenlehrer/in sollte mit der klaren Ansage informiert werden: „Bitte sprechen Sie mein Kind nicht darauf an wenn es Auffälligkeiten gibt. Melden Sie sich bei mir, aber fragen Sie nicht beim Kind nach. Die Lehrer sollten wissen, dass das Kind unter Druck steht und zu Hause keine Normalsituation herrscht.
Schulkinder können den Tisch auf- und abdecken, die Spülmaschine ein- und ausräumen, ihre Wäsche in die Waschküche bringen, ihre Wäsche in den Schrank räumen. Ob sie das tun, ist eine andere Frage, aber sie könnten es.
Manche sagen, dass dadurch ein positiver Lernprozess entstehen kann. Das ist eher kritisch zu sehen, wenn es um Lernen durch eine Krise geht. Natürlich lernen sie daraus. Und natürlich verändern sich die Kinder durch eine solche Situation. Aber es ist eine bescheuerte Situation, wodurch die Kinder etwas lernen müssen. „Krise als Chance“ ist hier eher unpassend. Das sind die Sprüche, die man in der Situation nicht braucht.
Das Kind muss direkt von den Eltern auf kommende Situationen vorbereitet werden: „Du erfährst alles, was wichtig ist von mir. Alles, was dir irgendwelche anderen Leute sagen, geh davon aus, dass das nicht stimmt.“ Das sollte ganz am Anfang geklärt werden, da es teilweise unglaublich ist, was Kinder gesagt bekommen. „Deine Mutter hat doch Krebs, wann stirbt die denn?“ Das ist ein krasses Beispiel, aber Varianten davon gibt es unglaublich häufig von Nachbarn, Bekannten, Verkäufern etc. Man kann das Kind nicht davor abschirmen. Deshalb sollte das Kind frühzeitig wissen, dass es zu blöden Kommentaren kommen kann.
Sorgen Sie für Alltag. Spielen, spazieren gehen, stinknormale Pommes mit Ketchup und Mayo.