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Krebs und Drogen – erst mal checken!

Eine Krebserkrankung setzt uns ganz schön zu. Vieles was wir sonst machen konnten, geht plötzlich nicht mehr. Manchmal hat man den Eindruck, dass alles was Spaß macht besonders betroffen ist.

In diesem Gespräch mit Dr. Wimmer wenden wir uns dem Thema „Drogen“ und Krebs zu. Aber was sind denn Drogen überhaupt? Achtung, Achtung! Der Feierabend-Wein gehört auch dazu! Wir sprechen hier über vieles mehr und so viel sei verraten: Bitte sprechen Sie mit Ihrem Arzt, denn die Wechselwirkung mit den Krebsmedikamenten kann es in sich haben.

Dr. Jens Stäudle

Leiter der Krebsberatungsstelle LINA am Robert Bosch Krankenhaus Stuttgart

Dr. Johannes Wimmer

Mediziner, Fernsehmoderator und Buchautor

  • Definition von Drogen: Dazu zählen nicht nur illegale Substanzen, sondern auch legale wie Alkohol und Medikamente (z.B. Schmerz- und Schlafmittel).

  • Viele Patienten trauen sich nicht, mit ihrem Arzt offen über Drogenkonsum zu sprechen. Es ist wichtig, das Thema anzusprechen und zu klären, in welchen Situationen der Konsum sinnvoll oder schädlich sein kann.

  • Drogen können während einer Krebstherapie zusätzlich belastend für Organe wie Leber und Nieren sein. Auch Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich. Daher ist es wichtig, mit dem behandelnden Arzt zu sprechen.

  • THC kann bei Übelkeit und Appetitlosigkeit während der Therapie helfen und ist für gesetzlich Versicherte über die Krankenkasse beantragbar.

  • Bei chronischen Krebserkrankungen geht es auch um Langzeitfolgen. Der Arzt kann möglicherweise Alternativen zu früher konsumierten Substanzen anbieten.

  • Lebensqualität ist ein wichtiger Faktor. Patienten sollten für sich selbst entscheiden, was ihnen guttut, aber dabei auf die Dosierung achten.

  • Es ist wichtig, die Herkunft der Substanzen zu prüfen und bei wenig erforschten Drogen vorsichtig zu sein.

  • Offenheit und Vertrauen zwischen Arzt und Patient sind entscheidend. Bei Unsicherheit sollte man eine zweite Meinung einholen.

Dr. Wimmer: Krebs und Drogen. Da sagen die einen: Bist du wahnsinnig da überhaupt dran zu denken? Und die anderen sagen: Ach, komm ist doch auch schon egal. Wie passen Krebs und Drogen zusammen?

Dr. Stäudle: Die erste Frage ist: Was sind Drogen? Und was sind legale oder illegale Substanzen? Alkohol zählt auch schon zu den Drogen und der ist legal und gesellschaftlich ziemlich akzeptiert.

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Dr. Wimmer: Für viele Menschen gehört es zur Lebensqualität dazu, etwas zu konsumieren. Was gibt es da? Magic Mushrooms, Legal Herbs, THC und auch alle chemischen Substanzen. Trauen sich Patientinnen und Patienten überhaupt, danach zu fragen, wenn sie beim Arzt sind? Wie ist das bei euch? Sagen Patienten: Ich konsumiere schon ganz gerne mal was. Die meisten trauen sich das nicht, oder?

Dr. Stäudle: Nein, die meisten trauen sich das wirklich nicht. Und die Frage ist natürlich: In welchem Moment kann man das Thema ansprechen? Mit wem kann man es ansprechen? Manchmal ist es wichtig, das Thema in den Raum zu werfen und darüber zu sprechen, was unterschiedliche Menschen machen um zum Beispiel mit Übelkeit oder Stress zurechtzukommen. Oder mit Schmerzen. Da ist bei den jüngeren Patienten THC ein Thema. Bei älteren Menschen sind Schlafmedikamente weitverbreitet.

Dr. Wimmer: Übersetzt man den Begriff Drugs aus dem Englischen, zählen auch Medikamente dazu. Nimmt man zu viele Schmerzmittel wie z. B. Morphine oder Beruhigungsmittel, wirken diese natürlich auch. Und da gibt es viele Menschen, die es gewohnt sind und die eine längere Schmerzgeschichte oder eine längere Gewohnheitsgeschichte haben. Es müssen also nicht nur illegale Substanzen sein.

Also grundsätzlich lautet die Frage: Kann ich Drogen konsumieren, wenn ich eine Krebserkrankung habe?

Dr. Stäudle: Die meisten Menschen konsumieren Drogen mit oder ohne Krebserkrankung. Die Frage ist, in welcher Lebenssituation macht es Sinn und in welcher Situation ist es wie schädlich? Die meisten Menschen trinken Alkohol und natürlich gibt es Substanzen, die wie beim Alkohol zum Beispiel leberschädigend sind. Wenn ich dann eine Hochdosis-Chemotherapie habe, ist es wichtig zu prüfen, wie die Substanzen eventuell die Therapie beeinflussen? Oder zum Beispiel die Organe zusätzlich schädigen?

Dr. Wimmer: Eine Chemo ist für den Körper sehr belastend, aber wenn ich etwas habe, was mir z. B. gegen die Übelkeit hilft, dann sollte dies offen mit dem Arzt besprochen werden. Was soll der Arzt oder die Ärztin machen? Verurteilen?

Dr. Stäudle: Es gibt schon einen Generationenwechsel. Es gibt sicher noch Menschen, die damit eher stigmatisierend umgehen und ein Schwarz-Weiß-Bild haben. Die eigene Weinflasche am Abend ist okay, aber dass der gegenübersitzende Patient abends kifft, ist nicht okay. Da gibt es vielleicht Ärzte, die nicht so gut damit umgehen können. Und dann ist die Frage, ob ich es genau mit diesem Arzt besprechen muss oder ob es nicht einen anderen Arzt gibt?

Dr. Wimmer: Eigentlich sagst du durch die Blume, dass man den Arzt oder die Ärztin sachte darauf vorbereiten muss. Der Patient hat die gesundheitlichen Probleme und soll auf den Gesundheitsprofi eingehen? So mach dem Motto: Ich habe gehört, es kann helfen, THC zu konsumieren…

Dr. Stäudle: Es ist leider wirklich so, dass wir immer noch stigmatisierende Themenfelder haben und dass es Substanzen gibt, die gesellschaftlich anerkannt und akzeptiert sind und andere nicht. Und wenn man einen Arzt offen anspricht, kann es passieren, dass dieser mit dem Thema nicht umgehen kann. Dann sollte man sich einen anderen Arzt suchen.

Dr. Wimmer: Eine Chemotherapie belastet oft die Leber. Wenn man zusätzlich Drogen nimmt, muss man bei diesem Thema aufpassen. Da sollte man unbedingt darauf achten, welche Substanzen leberschädigend sind.

Dr. Stäudle: Die ganzen Pilze (wie z. B. Magic Mushrooms) sind gefährlich und belasten die Leber. Es gibt auch Therapien, die über die Niere ausgeschieden werden. Deshalb UNBEDINGT mit dem Arzt sprechen!

Und was ist nervenschädigend? Vielleicht nimmt man sowieso schon Medikamente in der Chemotherapie, die nervenschädigend sind. Da muss man schauen, was passt bzw. was am wenigsten schlimm ist.

Es kommt auch darauf an, in welcher Phase man etwas nehmen möchte. Konsumiere ich etwas während einer Hochdosistherapie, ist das natürlich anders, als wenn ich etwas während der Erhaltungstherapie konsumiere.

Dr. Wimmer: Worauf muss ich sonst noch achten? Geht es auch um die Reinheit der Produkte?

Dr. Stäudle: Auf jeden Fall. Es geht auch darum, was ich mir selbst besorge. THC ist inzwischen ein Thema, was in aller Munde ist. Es ist Appetit anregend, was während der Therapie wirklich positiv sein kann. Von der Substanz her hilft es auch häufig Menschen mit der Übelkeit zurechtzukommen. Als gesetzlich Versicherter kann man das über die Krankenkassen beantragen. Da gibt es Regelungen.

Dr. Wimmer: Das ist ein guter Hinweis: Nachfragen, was eigentlich möglich ist und wo die Kasse unterstützt. Es ist dann sicher, dass es sich um eine reine Substanz handelt, die ärztlich verschrieben ist und von der Krankenkasse bezahlt wird. Das ist auch wichtig, wenn es um das Thema Fahrtauglichkeit geht, dass man nicht in die Illegalität reinrutscht, was in Deutschland schwierig sein kann.

Viele Krebserkrankungen sind mittlerweile keine Akuterkrankung mehr, bei denen man auf der Kippe steht, sondern chronische Erkrankungen. Diese werden lange behandelt und da geht es um Langzeitfolgen. Wenn ich meinem Therapeuten sagen kann, dass ich früher bestimmte Substanzen konsumiert aber jetzt Angst habe, dadurch den Körper zu schädigen, dann hat dieser eventuell eine Alternative für mich. Die Pharmakologie, die Medikamentenkunde, ist ja vielfältig. Eigentlich müsste ein guter Palliativmediziner oder ein Onkologe/Onkologin, etwas Passendes im Repertoire haben.

Dr. Stäudle: Selbst wenn in einer Praxis ein konservativer Arzt behandelt, hat der meistens noch einen zweiten Arzt dabei. Es gibt kaum noch onkologische Praxen, die wirklich nur auf eine Person zugeschnitten sind. Dann kann man fragen, ob die Kollegin, der Kollege vielleicht offener ist. Heutzutage ist es unnötig unvorstellbare Schmerzen zu haben. Es gibt gute Substanzen, auf die man zurückgreifen kann oder zurückgreifen sollte.

Auch das Thema Lebensqualität ist wichtig: Wenn für jemanden ein Glas Wein etwas Wertvolles ist, dann ist die Frage: Muss ich eine Flasche Wein trinken oder trinke ich ein halbes Glas Wein?

Dr. Wimmer: Ich dachte, jetzt kommt: Ja dann mach’s halt. Am Ende treffen wir jeden Tag Entscheidungen, die nicht nur gesund sind. Warum sollte man das während einer Krebstherapie nicht machen dürfen? Es obliegt jedem selbst.

Dr. Stäudle: Genau, es obliegt jedem selbst und die Frage ist: Habe ich Komponenten, die sich jetzt gegenseitig negativ beeinflussen durch die Medikamente, die ich durch die Krebstherapie nehme oder durch die Schädigung, die in meinem Körper durch die Erkrankung vorhanden ist. Schaffe ich das in einem Maß, in dem ich mich nicht zu sehr schädige und trotzdem eine hohe Lebensqualität habe?

Dr. Wimmer: Also es ist ganz wichtig, dass man für sich selbst ein bisschen das Gleichgewicht findet und mit den Profis spricht. Aber dann kann man eigentlich gemäß des Mottos Sex, Drugs and Rock’n’Roll sagen: Drugs – wichtig ist ein offener, guter Umgang, ein bisschen Nachdenken, und dann steht dem eigentlich nichts im Weg.

Dr. Stäudle: Und auf jeden Fall prüfen, wo die Substanzen herkommen. Gerade das Thema Legal Herbs ist wenig erforscht, auch im ärztlichen Bereich wenig bekannt. Auch synthetische Drogen sind schwierig. Da gibt es nicht wie bei den Lebensmitteln die Kategorien A B C D. Deshalb auf jeden Fall mit den Profis sprechen, lieber noch eine zweite Meinung einholen oder nur für das Thema zu einem Arzt oder einer Ärztin gehen, die sich damit gut auskennen.

Dr. Wimmer: Mit dir würde ich darüber sprechen. Du wirkst vertrauenserweckend. Ich habe nicht das Gefühl, dass du mich verurteilen würdest, wenn ich mit dem Thema zu dir komme.

Dr. Stäudle: Mit mir sprechen viele Patienten darüber. Es ist wichtig, das Signal zu geben, dass wir alles Menschen sind und dass wir alle nicht nur gesunde Lebensgewohnheiten haben und uns nicht nur gesellschaftlich adaptiert verhalten. Der Arzt, der mir gegenübersitzt, übrigens auch nicht. Deshalb ist es gut, wenn man die Themen miteinander ansprechen kann.