Professor Dr. Cramer forscht im Bereich der Onkologie zur Komplementärmedizin und speziell zu Yoga. Er ist sowohl am Universitätsklinikum in Tübingen als auch am Bosch Health Campus tätig.
Im Bereich der Onkologie gibt es mittlerweile eine solide Studienlage, die belegt, dass Yoga bei verschiedenen Symptomen unterstützend wirken kann. Es ist wichtig zu betonen, dass Yoga nicht zur Heilung von Krebs eingesetzt wird. Der Fokus liegt auf der supportiven Onkologie, das heißt, Yoga wird ergänzend verwendet, um Nebenwirkungen der Krebstherapie sowie Symptome der Erkrankung selbst zu behandeln. Die Forschung zeigt, dass Yoga nicht nur die allgemeine Lebensqualität fördern kann, sondern auch spezifische Symptome verringern kann.
Prof. Dr. Holger Cramer
Forscher im Bereich komplementärmedizinischer Verfahren
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Yoga in der Onkologie:
Studienlage und Anwendung:
Sicherheit während der Therapie:
Wirkung auf spezifische Symptome:
Herausforderungen und Potenzial:
Yoga ist ein weites Feld, und jeder, der sich damit beschäftigt hat, hat wahrscheinlich eine eigene Vorstellung davon, was Yoga bedeutet.
Grundsätzlich kann man sich darauf einigen, dass Yoga im medizinischen Kontext als verhaltensorientierte Therapie angesehen wird. Dies umfasst meist bestimmte Yogahaltungen, Atemtechniken sowie Meditations- oder Entspannungstechniken. Besonders die Vielfalt dieser Methoden, die nicht nur auf körperliche Aktivität abzielen, ist ein zentrales Merkmal des Yoga.
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Mehr InformationenDie Antwort darauf ist nicht eindeutig, da es nur wenige Dosiswirkungsstudien in diesem Bereich gibt. Einige Studien haben untersucht, ob einmal oder zweimal pro Woche Yoga bei chronischen Rückenschmerzen oder chronischem Stress bessere Ergebnisse liefert. Diese Studien kamen zu dem Ergebnis, dass es keinen Unterschied macht, wie oft man Yoga praktiziert. Wichtiger ist es, eine regelmäßige Praxis aufzubauen und kontinuierlich zu üben, auch wenn es nur kurz und mehrmals pro Woche ist.
Es kommt darauf an, dass der Mensch sich eine Gewohnheit aneignet. Das ist beim Yoga nicht anders als bei anderen Tätigkeiten. Studien haben gezeigt, dass regelmäßige Yogapraxis und Meditation das Gehirn beeinflussen und seine Struktur verändern können. Diese Veränderungen treten nur bei kontinuierlicher Übung auf – ähnlich wie beim Erlernen einer neuen Sprache oder Sportart. Es ist entscheidend, dass sich diese Praxis in den Alltag integriert und fest verankert wird.
Yoga kann während der Therapie durchaus praktiziert werden, solange es richtig ausgeführt wird. Zahlreiche Studien belegen, dass Yoga auch in dieser Zeit relativ ungefährlich ist. Der große Vorteil von Yoga liegt in seiner Vielseitigkeit: Es muss nicht zwingend eine intensive sportliche Aktivität sein. Man kann auch sanfte Atemtechniken oder entspannende Übungen in den Vordergrund stellen.
Die Studienlage unterstützt die Idee, Yoga bereits während der Therapie einzusetzen, da es dazu beitragen kann, die Lebensqualität zu fördern, selbst während einer Chemotherapie oder Bestrahlungstherapie. Dies bedeutet, dass Yoga helfen kann, den Rückgang der Lebensqualität zu verlangsamen und möglicherweise sogar Symptome zu reduzieren. Besonders wertvoll ist Yoga, wenn es in ein multimodales Konzept integriert wird, das verschiedene Interventionsmöglichkeiten umfasst, wie zum Beispiel die Psychoonkologie.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Umgang mit medizinischen Geräten, wie zum Beispiel Ports, die für die Chemotherapie verwendet werden. Diese Ports, die unter der Haut platziert sind, können sich unter dem Schlüsselbein oder am Hals befinden. Man muss wie bei jeder sportlichen Aktivität darauf achten, was möglich ist und wo Einschränkungen bestehen. Besonders im Halsbereich kann es unangenehm sein, den Kopf zu stark zu bewegen. Daher ist es wichtig, die Yoga-Übungen entsprechend anzupassen.
Hier ist es besonders ratsam, nicht einfach Internetvideos nachzumachen, sondern mit einer qualifizierten Yogalehrerin oder einem Yogalehrer zu arbeiten, der die Übungen spezifisch an die individuellen Bedürfnisse anpasst. Diese Anpassungen werden auch in Studien und in der klinischen Praxis berücksichtigt. Betroffene sollten aktiv kommunizieren, wo es möglicherweise Einschränkungen gibt, damit diese im Yoga-Training berücksichtigt werden können.
In einer Studie wurde untersucht, ob Yoga die Lebensqualität von Darmkrebspatienten verbessern kann. Auch Patienten mit einem Stomabeutel nahmen an der Studie teil, und es stellte sich heraus, dass Yoga in diesen Fällen gut funktioniert. Wichtig ist, dass diese Besonderheiten kommuniziert werden, damit die Übungen entsprechend angepasst werden können. Auch wenn das Thema für viele schambesetzt ist, muss es offen angesprochen werden, um eine optimale Anpassung der Yoga-Praxis zu ermöglichen.
Hierzu gibt es keine klare Studienlage gibt. Im Grunde genommen kann man sich nach einer Operation ähnlich verhalten wie bei anderen körperlichen Aktivitäten. Es ist ratsam, eine gewisse Zeit verstreichen zu lassen, bevor man die betroffenen Muskelgruppen wieder aktiviert. Gleichzeitig sollte man so früh wie möglich wieder aktiv werden.
Hierbei ist es wichtig, sich mit einer erfahrenen Therapeutin, einem erfahrenen Therapeuten und dem behandelnden Arzt abzusprechen, um festzustellen, was wann wieder möglich ist. Für größere Operationen gibt es relativ sanfte Übungen, die früh durchgeführt werden können, wie leichte Atemübungen oder Imaginationsübungen. Auch einfache Meditationstechniken sind oft möglich und können hilfreich sein. Es ist wichtig, dass nicht nur körperliche Yogahaltungen zählen – auch Entspannungs- und Meditationstechniken, die gut untersucht und bei vielen Symptomen wirksam sind, gehören zum Yoga und sind nahezu immer machbar.
Yoga kann auch während einer Chemotherapie durchgeführt werden und ist nicht mit besonderen Risiken verbunden ist. Es ist jedoch ratsam, etwas vorsichtiger zu sein. Grundsätzlich ist es so, dass Yoga, wie auch andere körperliche Aktivitäten, das Immunsystem fördert.
Es gibt Studien, die zeigen, dass Yoga Immunparameter verbessert, insbesondere bei Personen, die bereits länger an Krebs erkrankt sind. Wenn Yoga mit Vorsicht ausgeübt wird, kann es das Immunsystem stärken. Wichtig ist, dass es eine Gruppe gibt, die ähnlich betroffen ist oder man wendet sich an einen erfahrenen Yogatherapeuten, um sicherzugehen, dass die Übungen angemessen sind. Eine Kontraindikation sieht Professor Cramer hier nicht.
In Deutschland wird Yoga von den Krankenkassen derzeit nur über das Präventionsgesetz unterstützt. Das bedeutet, dass man einen Zuschuss für präventive Yoga-Kurse erhalten kann. Wenn Yoga jedoch zur Linderung von Symptomen eingesetzt wird, fällt dies nicht mehr unter Prävention, und die Kosten werden nicht von den Krankenkassen übernommen. Es ist dennoch ratsam, Rücksprache mit der eigenen Krankenkasse zu halten, da es über Prävention grundsätzlich die Möglichkeit gibt, Unterstützung zu erhalten.
Leider gibt es in Deutschland noch keine Möglichkeit, Yoga als therapeutische Maßnahme über die Krankenkassen abzurechnen. Dies gilt nicht nur für Yoga, sondern auch für andere therapeutische Methoden wie Sport, Achtsamkeit und Entspannungsverfahren. Ein Paradigmenwechsel wäre wünschenswert, sodass solche Verfahren, die in die Aktivität führen und in Leitlinien empfohlen werden, besser gefördert und von den Krankenkassen abgedeckt werden könnten.
Die Studienlage zu diesem Thema ist derzeit noch begrenzt ist. Die meisten verfügbaren Studien wurden mit Frauen durchgeführt, die an Brustkrebs erkrankt sind. Auch wenn dies nicht spezifisch für Yoga ist, sondern generell auf viele medizinische Studien zutrifft, kann man die Erkenntnisse möglicherweise auf andere Gruppen übertragen.
Die vorhandenen Daten sind vielversprechend, auch wenn sie nicht ausreichen, um eine definitive Aussage zu treffen. Es spricht jedoch nichts dagegen, Yoga als unterstützende Maßnahme auszuprobieren, da die bisherigen Erkenntnisse eher darauf hindeuten, dass es helfen kann.
Die Frage, gegen welche Schmerzen Yoga besonders gut helfen kann, wird intensiv diskutiert. Während es im Bereich der Onkologie bisher nur wenige Studien zu Schmerzen gibt, ist die Datenlage bei chronischen Rückenschmerzen sehr gut. Hier zeigt sich, dass Yoga die Schmerzen reduzieren und funktionelle Einschränkungen verringern kann. Diese Wirkung ist vergleichbar mit der einer individuellen Physiotherapie, die als Goldstandard für die Behandlung muskuloskelettaler Schmerzen gilt.
Im Bereich der Onkologie gibt es erste Studien zu Arthralgien, also Gelenkschmerzen, die durch antihormonelle Therapien, wie sie bei bestimmten Brustkrebstypen eingesetzt werden, ausgelöst werden. Diese Therapien sind überlebenswichtig, können jedoch starke Nebenwirkungen wie vorzeitige Wechseljahre verursachen. Yoga hat sich als wirksam bei der Linderung dieser Wechseljahresbeschwerden und der begleitenden Gelenkschmerzen erwiesen. Für tumorspezifische Schmerzen gibt es allerdings noch keine ausreichende Datenlage, die den Einsatz von Yoga umfassend belegt.
Eine der häufigsten und belastendsten Nebenwirkungen von Krebstherapien ist die sogenannte Fatigue, eine abnorme, überstarke Schwäche, die sowohl durch die Krankheit selbst oder durch die Chemotherapie oder Bestrahlung ausgelöst werden kann. Diese Schwäche kann über Jahre anhalten und das gesamte Leben, einschließlich Beruf und Sozialleben, stark beeinträchtigen.
Yoga ist hier eine der wirksamsten nicht-medikamentösen Therapien. Studien zeigen, dass Yoga sogar wirksamer als Ausdauer- oder Kraftsport sein kann, wenn es darum geht, diese anhaltende Schwäche zu lindern. Aufgrund dieser Wirksamkeit hat es Yoga in die S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Onkologie geschafft, die als höchste Leitlinienstandard in Deutschland gilt. Diese Leitlinie empfiehlt ausdrücklich den Einsatz von Yoga bei Fatigue, die nach einer Krebstherapie anhält.
Fatigue stellt eine erhebliche Barriere für den Einstieg in körperliche Aktivitäten wie Yoga dar. Es ist nicht immer sinnvoll, sich sofort in einem Yogastudio anzumelden, da dort möglicherweise Menschen mit sehr unterschiedlichen Beschwerden oder sogar ohne Beschwerden trainieren. Dies könnte zu falschen Erwartungen und Frustrationen führen.
Ideal wäre es, mit anderen Betroffenen in speziellen Gruppen zu üben, die sich gezielt an Krebspatienten oder Menschen mit chronischen Erkrankungen richten. In größeren Städten gibt es solche Angebote bereits häufiger. Die Anpassung der Übungen an die individuellen Bedürfnisse ist entscheidend, und auch Menschen mit dem Chronic Fatigue Syndrome (CFS), das über die „normale“ Fatigue bei Krebs hinausgeht, können Yoga praktizieren – allerdings in stark reduzierter Form.
Ein sanfter Einstieg mit einfachen Atemtechniken oder sogar nur der Imagination von Übungen kann helfen, sich langsam heranzutasten. In Studien zu Post-COVID-Syndromen wird ebenfalls gezeigt, dass diese schrittweise Annäherung wirksam sein kann, auch wenn die Wirkung noch nicht vollständig nachgewiesen ist. Entscheidend ist, nicht mit zu viel Ehrgeiz heranzugehen, sondern langsam herauszufinden, wie weit man gehen kann, ohne die Symptome zu verschlimmern.
Es gibt keine spezifische Datenlage dazu, wie oft Yoga bei Fatigue praktiziert werden sollte. Die meisten Studien bieten ein bis zwei Yogasitzungen pro Woche an, und es gibt keinen signifikanten Unterschied in den Ergebnissen, je nachdem, wie oft geübt wurde. Es ist jedoch sinnvoll, auch im Alltag kleinere Übungen einzubauen, um die Praxis zu vertiefen.
Wichtig ist, dass man sich nicht überfordert und dass die Übungen regelmäßig und angepasst durchgeführt werden. Auch wenn es keine Mindesthäufigkeit gibt, ist es entscheidend, dass die Praxis kontinuierlich bleibt, um nachhaltige Effekte zu erzielen.
In den Studien wird meist ein umfassendes Programm entwickelt, das auf früheren Studien und der Expertise von Yogatherapeuten basiert. Dieses Programm umfasst in der Regel Yogahaltungen (Asanas), Atemtechniken (Pranayama) sowie Entspannungs- und Meditationstechniken (Tiana).
Yoga sollte nicht auf einzelne Übungen reduziert werden, sondern als gut abgestimmtes Gesamtprogramm betrachtet werden, das verschiedene Aspekte der Yogapraxis integriert. Auch Elemente der Yogaphilosophie, wie zum Beispiel eine bewusste Lebensweise oder Ernährungsgewohnheiten, können in das Programm einfließen, wenn es sinnvoll erscheint.
In den meisten Studien werden Yogakurse von 8 bis 12 Wochen Dauer angeboten, bei denen die Teilnehmer ein- bis zweimal pro Woche üben. Schon nach diesem Zeitraum zeigen viele Studien positive Effekte bei Fatigue und anderen krebsspezifischen Symptomen. Die Verbesserungen können bereits nach 2 bis 3 Monaten deutlich spürbar sein.
Um jedoch langfristige Effekte zu erzielen, ist es wichtig, die Yogapraxis auch nach Abschluss eines Kurses fortzusetzen. Die ersten positiven Wirkungen können also relativ schnell eintreten, jedoch sollte die Praxis für anhaltende Verbesserungen fortgeführt werden.
Polyneuropathie, eine Schädigung der peripheren Nerven, die oft als Folge einer Chemotherapie auftritt, kann mit starken Schmerzen und anderen unangenehmen Symptomen einhergehen. Es ist bekannt, dass körperliche Aktivität und Sport allgemein bei der Linderung dieser Symptomatik helfen können.
Es gibt sehr wenige Studien zum Einsatz von Yoga bei Polyneuropathie. Insgesamt existieren etwa drei bis vier Studien zu Polyneuropathie, die positive Effekte zeigen, insbesondere eine Verringerung der Schmerzen. Allerdings haben diese Studien zwei wesentliche Nachteile: Erstens sind sie nicht von hoher Qualität, das heißt, ihre Aussagekraft ist begrenzt. Zweitens beziehen sich die Studien nicht auf Krebspatienten, sondern beispielsweise auf Patienten mit Diabetes, bei denen die Polyneuropathie durch Durchblutungsstörungen verursacht wird.
Obwohl die positiven Effekte, die bei Diabetes-Patienten beobachtet wurden, möglicherweise auch auf Krebspatienten übertragbar sind, ist die aktuelle Studienlage nicht ausreichend überzeugend, um einen klaren Wirkungsnachweis für Yoga bei Polyneuropathie bei Krebspatienten zu erbringen. Hier wären weitere Forschungen notwendig, um genauere Erkenntnisse zu gewinnen.
Yoga ist im Bereich der Krebserkrankungen insgesamt gut untersucht, doch es gibt noch viele Wissenslücken, insbesondere bei spezifischen Symptomen wie Polyneuropathie, Übelkeit und Erbrechen oder menopausalen Symptomen. Die meisten bisherigen Studien konzentrieren sich auf die allgemeine Lebensqualität und psychische Symptomatik, was wichtig ist und positive Wirkungen von Yoga nahelegt. Jedoch wäre es spannend, die Forschung in spezifischere Bereiche zu lenken, um gezielt zu untersuchen, wie Yoga bei bestimmten Schädigungen und Symptomen helfen kann.