In diesem Interview sprechen wir mit Herrn Dr. Andreas Ott vom Kinderwunschzentrum in Ludwigsburg, welche Möglichkeiten es vor Beginn einer Krebstherapie gibt, um den Kinderwunsch nach einer solchen Therapie zu erhalten.
Dr. med. Andreas Ott
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin vom Kinderwunschzentrum in Ludwigsburg
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Erfreulicherweise bekommt der Patient mittlerweile in aller Regel die Information, dass es die Möglichkeit gibt, Samenzellen einzufrieren. Das war bis vor wenigen Jahren leider gar nicht so selbstverständlich. Mittlerweile ist es auch in den Kliniken angekommen, dass diese Möglichkeit zur Verfügung steht. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert vor Beginn einer Chemotherapie oder Bestrahlungstherapie Spermien einfrieren zu lassen, um die Fruchtbarkeit für spätere Zeiten zu erhalten.
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Mehr InformationenEs gibt tatsächlich Therapieformen, die fast immer zu einer kompletten Zeugungsunfähigkeit führen. Und das sind leider vor allen Dingen die Therapien, die bei jüngeren Patienten angewendet werden. Denn bei jüngeren Patienten geht es um den sogenannten kurativen Ansatz. Man möchte, dass diese Patienten wieder komplett gesund werden, und deshalb muss man diese Erkrankung auch entsprechend intensiv behandeln.
Und gerade bei den Therapien im Bereich der Leukämie, den Sarkomen oder auch bei den Hodgkin-Lymphomen werden relativ intensive Therapieprotokolle angewendet. Und da ist es nicht selten, dass hinterher keine Zeugungsfähigkeit mehr besteht.
Ein junger Patient, der vielleicht schon geschwächt ist, kommt zu Ihnen. Ist es überhaupt möglich, dass er noch einen Samenerguss für eine Samenspende hat?
Das ist tatsächlich manchmal gar nicht so einfach. Wir versuchen diese Patienten so gut wie möglich zu unterstützen. Wir können zum Beispiel einen sterilen Probenbecher mit nach Hause geben. Die Patienten können die Probe zu Hause gewinnen und innerhalb einer angemessenen Zeit (halbe Stunde bis Stunde) zu uns bringen oder bringen lassen. Das reicht bei Samenzellen immer noch aus, um sie einfrieren zu können. Oder wir haben hier einen speziellen Spendenraum, wo sich ein Patient zurückziehen kann und in aller Ruhe versuchen kann die Samenprobe zu gewinnen und im Labor abzugeben.
Es gibt ein spezielles Medizingeräteprodukt (eine Art Stimulator), das man an den Penis halten kann. Dadurch wird ein Reflex ausgelöst und mit diesem Reflex kann man auch bei Patienten eine Ejakulation hervorrufen, die das auf normalem Weg nicht mehr schaffen. Und mit diesem kleinen Hilfsmittel können sogar Rollstuhlfahrer, die mit einer Querschnittslähmung im Rollstuhl sitzen, eine Ejakulation haben.
Wir besitzen ein solches Gerät und stellen das den Patienten bei Bedarf zur Verfügung. Das ist eine Möglichkeit, wie man manchmal noch an eine Samenprobe herankommt, obwohl es eigentlich auf normalem Weg fast nicht mehr möglich ist.
Zudem steht uns noch ein operatives Verfahren zur Verfügung, die sogenannte Tese oder Mesa, bei der in ganz schwierigen Fällen Spermien gewonnen werden können.
Konkret handelt es sich dabei um einen kleinen operativen Eingriff am Hoden. Den macht man in einer Kurz-Anästhesie. Der Patient schläft ein paar Minuten und hat keine Schmerzen dabei. Es wird ganz vorsichtig aus dem Nebenhoden oder aus den Hoden eine Gewebeprobe entnommen. Die Probe wird dann im Labor analysiert und wenn Spermien da sind, können diese Spermien eingefroren werden.
Der Eingriff dauert ca. 10 bis 20 Minuten und der Patient bleibt noch eine halbe bis 3/4 Stunde bei uns zur Überwachung. Danach kann er mit einer Begleitperson nach Hause gehen.
Es gibt bei uns im Labor die andrologische Abteilung, die sich mit den Samenzellen beschäftigt. Dort werden die Proben aufbereitet. Handelt es sich um Ejakulat, werden die Proben aufkonzentriert und aufgereinigt und in einer speziellen Flüssigkeit in einem Kryo-Protektiv-Medium eingefroren. Dieses Einfrieren läuft so ab, dass mit einem speziellen computergesteuerten Verfahren die Samenzellen auf bis zu -196 Grad runtergekühlt und ab da in flüssigem Stickstoff gelagert werden.
Auf diese Art und Weise können die Spermien über viele Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg gelagert werden ohne Schaden zu nehmen. Bei dem Hodengewebe, welches man direkt aus dem Hoden gewinnt, gibt es ein bestimmtes Aufbereitungsverfahren. Das ist relativ aufwendig. Diese aufbereiteten Samenfäden, die sich da drin befinden, können dann auch eingefroren werden.
Wichtig ist, dass man im Anschluss an so eine Behandlung immer eine Maßnahme der künstlichen Befruchtung braucht. Man kann diese Samenzellen nicht einfach direkt in den Körper der Frau geben, um so eine Schwangerschaft zu erzielen. Man wird auch bei der Frau eine gewisse Behandlung machen müssen und man wird bei ihr Eizellen entnehmen müssen und dann die entnommenen Eizellen mit den aufgetauten Samenzellen zusammenbringen. Das ist schon aufwendiger als der natürliche Ablauf.
Aber grundsätzlich gibt es für viele Männer vor der Chemotherapie eine Möglichkeit, Fruchtbarkeit/Zeugungsfähigkeit zu erhalten, um möglicherweise nach einer Krebsbehandlung einen Kinderwunsch zu erfüllen.
Erfreulicherweise ist es heutzutage bei fast jedem Patienten möglich Samenzellen einzufrieren.
Wenn Sie wissen wollen, wie es in einem solchen IVF-Labor aussieht, schauen Sie unseren Film an (ca. ab 8. Minute). Frau Koch, eine Mitarbeiterin des Kinderwunschzentrums, führt uns durch das Labor und zeigt uns, wie und wo die Spermien/Eizellen aufbewahrt werden und welche Geräte zum Einsatz kommen.
In den weiteren Filmen schauen wir uns an, welche Möglichkeiten es zum Thema Kostenübernahme gibt und wie eine Befruchtung abläuft.