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Bezeichnungen, Ursachen und Mehr​

Lungenkrebs ist in Deutschland die zweithäufigste (Männer) bzw. dritthäufigste (Frauen) Krebsart (Stand 2020). Wir sprachen mit Herrn Professor Kopp über die unterschiedlichen Bezeichnungen, Formen und Ursachen von Lungenkrebs.

Prof. Dr. med. Hans-Georg Kopp

Chefarzt der Onkologie am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart

Karin Strube

Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung

Inhaltsverzeichnis

Begriffserklärung: Lungenkrebs wird auch als Lungenkarzinom bezeichnet, medizinisch auch als Bronchialkarzinom oder Bronchuskarzinom. Diese Begriffe meinen dasselbe aber als Überbegriff ist in Deutschland mittlerweile Lungenkarzinom am häufigsten.

Aufbau der Lunge: Die Lunge ist ähnlich einem Baum aufgebaut, mit einem Stamm (Luftröhre), Hauptästen (Hauptbronchien), und kleineren Verzweigungen. Am Ende befinden sich die Lungenbläschen (Alveolen). Das Karzinom entsteht in der Schleimhaut dieser Strukturen.

Unterscheidung der Krebsarten: Es gibt eine grundlegende Unterscheidung zwischen kleinzelligen und nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen. Kleinzellige Lungenkarzinome sind unter dem Mikroskop erkennbar und machen etwa 15-20% der Fälle aus. Nicht-kleinzellige Karzinome sind untereinander verschieden und werden weiter unterteilt.

Unterschiedliche Nicht-Kleinzeller: Nicht-kleinzellige Karzinome werden weiter in Adenokarzinome und Plattenepithelkarzinome unterteilt, basierend auf ihrer Ähnlichkeit mit Drüsen- oder Schleimhautgewebe. Es gibt auch seltene Unterformen wie z. B. großzellig-neuroendokrine Karzinome.

Molekulare Diagnostik: Heutzutage ist die molekulare Ebene der Diagnostik sehr wichtig, da sie hilft, das Erbgut der Zelle zu analysieren. das hilft im Einzelfall oft mehr als die feingewebliche Unterscheidung.

Lungenkrebs vs. Metastasen: Es ist wichtig, primären Lungenkrebs von Metastasen in der Lunge, die von Krebserkrankungen in anderen Organen stammen, zu unterscheiden, da sich die Therapieansätze sich unterscheiden.

Ursachen von Lungenkrebs: Rauchen ist der Hauptfaktor für Lungenkrebs, wobei etwa 90% der Fälle damit in Verbindung stehen. Passivrauchen spielt ebenfalls eine Rolle. Andere Faktoren wie genetische Prädispositionen und Umweltfaktoren (z.B. Radon) sind ebenfalls relevant.

Historischer Kontext: Lungenkrebs gab es auch vor der Erfindung von Zigaretten, aber die Häufigkeit hat mit der Verbreitung des Rauchens zugenommen. Bei Männern ist ein Rückgang des Lungenkrebses zu beobachten, der mit einer Abnahme des Rauchens korreliert, während bei Frauen ein Anstieg zu verzeichnen ist.

E-Zigaretten und Jugendliche: Es gibt Bedenken über den Anstieg des Rauchens unter Jugendlichen, insbesondere durch E-Zigaretten, obwohl verlässliche Daten zur Krebsentstehung durch E-Zigaretten noch fehlen.

Radon: Radon, ein natürlicher Strahler im Erdboden, ist ebenfalls eine bekannte Ursache für Lungenkrebs. In Deutschland wird das Vorkommen von Radon vom Bundesamt für Strahlenschutz kartiert.

Berufskrankheiten: Asbest, Nickel und Chrom sind mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Lungenkrankheiten und auch Lungenkrebs verbunden.

Unbekannte Ursachen: Es gibt das viel häufigere Bronchialkarzinom, das mit Zigarettenrauchen in Verbindung auftritt, im Vergleich zu der schicksalhaften, häufig junge Menschen betreffenden Lungenkrebserkrankung, die sporadisch auftritt, für die es keine bekannten Risikofaktoren gibt.

Prädisposition: Es wird daran geforscht, ob es eine familiäre oder genetische Prädisposition für bestimmte Arten von Lungenkrebs gibt.

Die unterschiedlichen Begriffe führen nicht selten zur Verwirrung. Wir sprechen meistens umgangssprachlich von Lungenkrebs, in der Klinik meistens von Lungenkarzinom. Der Mediziner sagt auch Bronchialkarzinom oder Bronchuskarzinom. Dann gibt es noch die Unterformen der Erkrankung. Aber als Überbegriff ist in Deutschland mittlerweile Lungenkarzinom am häufigsten.

Bronchialkarziom ist das Gleiche wie Lungenkarzinom. Wobei die Bronchien nur ein Teil der Lunge sind. Trotzdem wird es identisch verwendet?

Richtig, denn die Lunge ist im Grunde aufgebaut wie ein Baum mit einem Stamm und zwei Hauptästen, die sich immer feiner verzweigen. Am Ende kommen die Blätter. Wenn man sich das Ganze mit Luft gefüllt vorstellt und auf den Kopf stellt, hat man ein Modell der Lunge. Der Stamm ist die Luftröhre, die beiden Hauptäste die Hauptbronchien und dann wird es immer kleiner.

Die luftleitenden Atemwege sind die Bronchien und die Blätter sind die Lungenbläschen oder Alveolen. Und irgendwo in dem Bereich (von innen ist alles mit Schleimhaut überzogen) entsteht in der Schleimhaut das Karzinom.

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Was sind Karzinome?

Das ist die historisch älteste, aber bis heute relevante Einteilung. Beim Lungenkarzinom gibt es das kleinzellige Lungenkarzinom. Diese Zellen sind morphologisch unter dem Mikroskop kleine Zellen, die ziemlich gleichförmig aussehen. Der Pathologe kann beim ersten Blick durch das Mikroskop meistens schon die Diagnose stellen. Das ist heute die Minderheit, das sind ungefähr 15 bis höchstens 20 % der Lungenkarzinome und das ist eine ganz eigene Unterart, die auch eigen behandelt wird.

Alle anderen Unterformen werden als Nicht-Kleinzeller bezeichnet, sind untereinander aber auch wieder verschieden.

Vor 25 Jahren war das alles nicht relevant. Es gab Kleinzeller und Nicht-Kleinzeller. Und die Antwort bei der Therapie war: Wir behandeln alle gleich. Der Unterschied war nur für die Pathologen relevant, für die Klinik irrelevant. Das hat sich zum Glück geändert.

Wie heißen die unterschiedlichen Nicht-Kleinzeller?

Wenn dieses nicht-kleinzellige Karzinom Ähnlichkeit mit Drüsengewebe hat (mit normalem Bronchial-Schleimhautgewebe), wird es als Adeno-Karzinom bezeichnet.

Wenn es Ähnlichkeit mit Schleimhaut hat (wie sie zum Beispiel die Mundhöhle ausgekleidet), spricht man von Plattenephitelkarzinom.

Dann gibt es noch seltener auch solche Fälle, die in keine der beiden Kategorien passen. Die heißen zum Beispiel großzellig-neuroendokrin und dann gibt es noch ganz seltene Unterformen.

Wenn man betrachtet, dass Muskeln und Knochen den höchsten Anteil an unserem Körper haben, ist es erstaunlich, dass Sarkome selten vorkommen. Warum ist das so?

Das sind keine auf Organe beschränken Begriffe. Plattenephitelkarzinome gibt es zum Beispiel im Kopf-Halsbereich, an der Haut. Gebärmutterhalskrebs ist zum Beispiel fast immer ein Plattenephitelkarzinom. Es ist eine anatomische Beschreibung: Womit haben diese Zellen Ähnlichkeit? Welche Eigenschaften weisen sie auf? Das ist nicht auf ein Organ beschränkt.

Sind die Therapien der unterschiedlichen Krebsarten vergleichbar?

Das Primärorgan der Krebserkrankung spielt die wichtigste Rolle. Ein Plattenephitelkarzinom des Gebärmutterhalses verhält sich anders und wird anders behandelt als ein Plattenephitelkarzinom der Lunge. Deshalb wird man immer wissen wollen, woher der Tumor kommt, weil sich die Therapie daran ausrichtet.

SCLC und NSCLC

Teilweise werden die Krankheiten auf Englisch bezeichnet. Diese Abkürzungen laufen einem ständig über den Weg. SCLC heißt Small Cell Lung Cancer – kleinzelliges Lungenkarzinom und alles andere ist NSCLCNon Small Cell Lung Cancer.

Sind die Tumoren immer sortenrein?

Es gibt auch Misch-Tumoren, zum Beispiel mit Adeno-Karzinom-Anteil und Plattenephitelkarzinom-Anteil. Man versucht rauszufinden: Wieviel Prozent ist mehr das eine und wie viel das andere?

Der Pathologe hat meistens ein klitzekleines Teilchen von der Lunge, das man zum Beispiel über eine Bronchoskopie gewonnen hat. Am liebsten hat der Pathologe immer so viel Gewebe wie möglich für eine möglichst exakte Diagnose, aber in der Realität haben Pathologen oft nur sehr kleine Gewebeanteile. Wenn man beides findet, wird es meistens als biphasisch oder Mischtumor bezeichnet.

Braucht man bei einem Mischtumor eine andere Sorte von Therapie?

Man muss sich überlegen, was im Vordergrund ist. Wichtig ist auch, dass heute die Diagnostik da nicht aufhört, sondern auf einer molekularen Ebene weiterdiagnostiziert wird. In vielen Fällen ist das fast noch wichtiger als der sogenannte histologische Subtyp. Histologie heißt feingewebliche Untersuchung. Und auf der Ebene kommt die Unterscheidung Adeno-Karzinom – Plattenephitelkarzinom zustande und die nächste Ebene ist die molekulare Ebene. Wir buchstabieren sozusagen das Erbgut der Zelle durch, und das hilft uns dann oft im Einzelfall mehr als die feingewebliche Unterscheidung.

Verwirrung bei Lungenkrebs und Metastasen in der Lunge

Es gibt viele Krebserkrankungen, die in anderen Organen entstanden sind. Das kann zum Beispiel das Rektum-Karzinom sein, ein Tumor des letzten Darmabschnittes, der häufig Lungenmetastasen (Absiedelungen in der Lunge) verursacht, oder das kann Brustkrebs sein. Das sind häufige Tumorerkrankungen, die die Eigenschaft haben, in der Lunge Metastasen zu bilden. Wenn man zum Beispiel Lungen-Metastasen eines Rektum-Karzinoms hat, ist die Herangehensweise sowohl für die medikamentöse Therapie als auch bei der Frage nach einer OP eine ganz andere als bei einem primär in der Lunge entstandenen Tumor.

Wie unterscheidet sich die Therapie?

Diese Zellen sind aus unserem eigenen Körper entstanden, weswegen sie von dem Immunsystem so schlecht als „böse“ erkannt werden. Sie benehmen sich aber so als ob sie gar kein Teil von uns wären, sondern fast so, als ob sie uns so fremd wie ein schlimmer Virus wären! Sie wollen sich ständig vermehren und sind nur noch auf ihr eigenes Wohl bedacht! Sie spielen nur für ihr eigenes Team, und dass sie den Menschen als Ganzes damit gefährden ist ihnen vollkommen egal! Und leider sind diese Egoisten-Zellen auch noch sehr gut darin, sich auf Kosten der anderen zu optimieren. Wenn sie das nicht wären, würden wir gar nichts von ihrer Existenz mitbekommen.

Die Ursachen von Lungenkrebs

In der Zeit als Zigaretten noch nicht erfunden waren gab es auch schon Lungenkrebs. Es war eine seltene Krankheit, die etwas häufiger bei Frauen als bei Männern vorkam und meistens im mittleren Lebensalter.

In Deutschland haben 90% der Bronchialkarzinom-Patienten geraucht oder rauchen immer noch. Das mittlere Alter bei der Diagnose ist 70, aber natürlich gibt es das ursprüngliche Lungenkarzinom, das es früher schon gab, immer noch.

Heute können die voneinander unterschieden werden. Für den Pathologen sehen die unter dem Mikroskop erst mal gleich aus, aber sie unterscheiden sich molekular, weil sie sich in der Entstehung unterscheiden. Der Vorteil ist, dass wir von dieser genauen Analyse ausgehend auch bessere, zielgerichtet wirksamere Medikamente haben und diese Gruppen sich nicht nur in der Diagnostik unterscheiden, sondern auch in der Therapie.

Wichtig: Rauchen ist DER Risikofaktor. Man sagt, ungefähr 90% der Lungenkarzinome sind damit eindeutig in Zusammenhang. Mit der Erfindung der Zigarette ist nicht nur sehr viel Geld verdient worden, sondern diese Erfindung ist vom Effekt auf die Menschheit schlimmer als jede erfundene Kriegsmaschine, weil das mehr Todesopfer gefordert hat als jede erfundene Waffe.

Hat man den Zusammenhang auch zwischen Krebs und Passivrauchen?

Das ist schwerer zu fassen. Wie viel hat jemand passiv geraucht? Ganz sicher spielt auch das Passivrauchen eine Rolle. Das ist häufig bei Ehepartnern, bei denen der eine Kette raucht und der andere nicht. Einige Patienten stammen aus Familien, da wurde immer geraucht. Früher war das Rauchen ganz normal. Die Zeit ist noch nicht so lange her, dass zum Beispiel in öffentlichen Räumen, zum Beispiel in Restaurants geraucht wurde. Wer in der Gastronomie tätig war, hat automatisch extrem viel Rauch abbekommen.

Gibt es Statistiken zu Passivrauch?

Es gibt Korrelationen. Sie können es aber natürlich nie ganz auseinanderhalten. Wenn Sie zum Beispiel Autofahrer beobachten, die im Auto mit geschlossenen Fenstern rauchen, dann haben Sie sowohl den direkten Stromrauch als auch den Nebenstromrauch.

Zudem wird diskutiert, ob der familiäre Lungenkrebs eine Folge einer gemeinsamen Genetik oder eine Folge des passiven Inhalierens ist. Das kann man schwer trennen. Aber es gibt einen ganz eindeutigen Bezug zu passiver Exposition.

Wann zeigt sich eine Veränderung in den Inzidenzen, wenn das Rauchen in der Gesellschaft reduziert wird?

In den USA und auch in Europa kann man es ganz gut zeigen. Bei den Männern vor allem in Europa. Wenn man korreliert, wie viel in der Bevölkerung geraucht wird und wie hoch das Auftreten des Lungenkarzinoms ist, sehen Sie wahrscheinlich eine Verzögerung in etwa 25 bis 30 Jahren.

Bei den Männern sieht man einen deutlichen Rückgang ungefähr seit der Jahrtausendwende, bedingt dadurch, dass der Anteil an männlichen Rauchern zurückgeht. Bei den Frauen sieht man den gegenteiligen Effekt: Zunehmend. Das spiegelt den unterschiedlichen Umgang mit Zigaretten.

Bei der Jugend sind die Zahlen in den letzten zwei, drei Jahren, vor allem im Lockdown erschreckend hochgegangen. Das ist bedenklich, besonders bei sehr jungen Mädchen haben wir ganz ungünstige Trends. Die fangen häufig mit zwölf oder dreizehn an. Das ist besonders gefährlich.

Wie werden E-Zigaretten eingestuft?

Es gibt noch keine verlässlichen Daten, was die Krebsentstehung betrifft. Die Tatsache, dass man etwas in der Hand haben und inhalieren muss, ist, solange man nicht Asthma krank ist, ein absolutes No Go. Sollte man gar nicht erst anfangen, egal was man sich in den Mund steckt.

Radon

Das Bundesamt für Strahlenschutz kartiert, wie viel Radon Vorkommen es in Deutschland gibt.

Radon ist ein natürlicher Strahler im Erdboden, der die Besonderheit hat, dass er in die Atemluft als Aerosol geht. Bei einer Kellerwohnung, die nicht abgedichtet ist in dem Bereich, wo hohe Radon Konzentrationen im Erdboden sind, ist es nachweisbar, dass die Bronchialkarzinom-Häufigkeit höher ist.

Allerdings wird auch hier wieder ein Zusammenhang zum Rauchen klar. Wenn Sie zusätzlich rauchen, addieren sich die Risiken nicht, sondern sie multiplizieren sich. Das ist wie ein zusätzlicher Cofaktor. Wer in radonreichen Gegenden wohnt, prinzipiell eher die Gebirgsregionen und wer eine Kellerwohnung hat, die möglicherweise nicht gut zum Boden abgedichtet ist, der hat ein erhöhtes Risiko.

Nickel, Chrom, Asbest

Es gibt verschiedene als Berufserkrankung anerkannte Lungenkrankheiten, die jede für sich durch diese ständige Entzündung in der Lunge mit einem erhöhten Risiko von Lungenkrebs einhergehen.

Asbest verursacht eine Erkrankung, die heißt Pleuramesotheliom. Die geht vom Rippfell aus. Es liegt an der physikalischen Beschaffenheit der Asbestfasern. Das Verhältnis von Breite zu Länge sorgt dafür, dass die so fein sind, dass sie bis an die äußerste Lungenperipherie herangetragen werden. Dort lagern sie sich ab, die Lunge bekommt sie nicht mehr raus, dort entsteht eine chronische Entzündung und im Bereich des Rippfells entsteht dieser sehr aggressive Tumor, den wir auch bis heute trotz besserer Medikamente wirklich oft nicht gut behandeln können.

Asbest ist verboten, auch die Asbestverarbeitung. Aber es gibt auch natürliche Vorkommen des Hauptrohstoffs für Asbest. Und es gibt Länder, da wird weiterhin Asbest produziert, in Russland, Brasilien, Fernost. Durch die Migration wird dieser Punkt, ab wann die Häufigkeit des Pleuramesothelioms abnehmen wird, immer weiter in die Zukunft verschoben.

Leider sorgen wir mit dem Verbot, das wir in Europa haben, nicht dafür, dass wir in Zukunft diese Fälle nicht mehr haben, da Zuwanderer mit Asbestkontakt diese Krankheit entwickeln können. Deshalb ist wichtig, dass man zum Beispiel hier im Krankenhaus, das Wissen, wie man sowas behandelt, auch behält.

Erkrankung ohne bekannte Ursache

In der Literatur kommt nirgends der Posten vor: Es gibt keine bekannte Ursache.

Man kann es mit Diabetes vergleichen. Es gibt in Deutschland Millionen Typ 2 Diabetiker (Alterserkrankung). Eine Erkrankung, die viele bekannte Risikofaktoren hat: Übergewicht, Überernährung etc. Irgendwann reicht das Insulin der Bauchspeicheldrüse nicht mehr aus, diesen gesteigerten Bedarf zu stillen und der Patient wird behandlungsbedürftig.

Es gibt aber auch den Typ 1 Diabetes, eine schicksalhafte Autoimmunkrankheit, die häufig schon bei Kindern und Jugendlichen dazu führt, dass die Bauchspeicheldrüse keine B-Zellen mehr hat und kein Insulin mehr bilden können. Das sind vollkommen unterschiedliche Dinge, die man mittlerweile zunehmend anders behandelt.

Die Typ 1 Diabetiker leiden darunter, dass sie durch fehlende Bildung in der Allgemeinbevölkerung, aber auch durch ungenaue Berichterstattung mit den Typ 2 Diabetiker in einen Topf geworfen werden. Das sind komplett unterschiedliche Dinge, die nichts miteinander zu tun haben, außer der Tatsache, dass zu wenig Insulin da ist.

Ähnlich ist das bei den Bronchialkarzinomen. Es gibt das viel häufigere Bronchialkarzinom, das mit Zigarettenrauchen in Verbindung auftritt, im Vergleich zu der schicksalhaften, häufig junge Menschen betreffende Lungenkrebserkrankung, die sporadisch auftritt, für die es keine bekannten Risikofaktoren gibt.

Auch nicht familiär?

Daran wird viel geforscht. In ein paar Jahren wird das wahrscheinlich anders gesehen als heute. Ob es vielleicht doch familiäre, erbliche, genetische Prädisposition dafür gibt.

Wir haben zum Beispiel das Phänomen, dass eine Art eines solchen sporadischen Lungenkarzinoms in Ostasien viel häufiger ist als in Europa. Das sind dann heutzutage tatsächlich genetisch untersuchbare und genetisch definierte Unterarten von Lungenkrebs. Vor zehn Jahren hat man gesagt: Wenn zu Ihnen eine junge japanische Frau mit Lungenkarzinom kommt, dann ist es wahrscheinlich, dass sie eine Mutation im EGFR-Gen hat. Das sind 50% der Lungenkarzinome in Japan. Bei uns sind es nur ungefähr 10 bis 15% der nicht-kleinzelligen Adeno-Karzinome.

Diese Prozentzahlen sind etwas erklärungsbedürftig. Wenn Sie alle Lungenkarzinome nehmen und schauen, wie viel Prozent sind solche? Dann kommen Sie wahrscheinlich auf ca. 10%. Bei 90% geht man von Rauchern aus. Jetzt nehmen wir aber die Kleinzeller weg. Die Kleinzeller sind fast immer Raucher. Dann nehmen wir die Plattenephitelkarzinome weg, die sind fast auch immer bei Rauchern und nur die Nichtplattenephitelialen Nicht-Kleinzeller. Wenn man nur die nimmt, also die nichtplattenephiteliale nicht-kleinzellige Lungenkarzinome, und noch mal ganz genau schaut, wie viel Prozent dieser Patienten nie geraucht haben, dann wird es höher, dann geht es Richtung 15 bis 20%, manchmal mehr.

Und dann findet man diese Unterarten von wirklich sporadischen Lungenkarzinomen ohne bekannte Risikofaktoren. Das ist eine Erkrankung, von der oft junge Menschen betroffen sind, die einen vollkommen gesunden Lebensstil haben.