GIST steht für gastrointestinaler Stromatumor. Diese Erkrankung kann sich über einen langen Zeitraum ohne spürbare Symptome entwickeln. Deshalb kommt es vergleichsweise häufig vor, dass ein GIST erst dann diagnostiziert wird, wenn die Situation bereits nicht mehr operabel ist – also wenn der Primärtumor nicht einfach entfernt werden kann und/oder bereits Metastasen entstanden sind.
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Univ.-Prof. Dr. med Sebastian Bauer
Leitung Sarkomzentrum, Facharzt für Onkologie am Uniklinikum Essen
Prof. Dr. med. Bauer, Leiter des Sarkomzentrums an der Uniklinik in Essen, erklärt die unterschiedlichen Behandlungssituation bei:
Es gibt auch Situationen, bei denen der Primärtumor bereits operiert wurde, und erst Jahre später treten Metastasen auf. Dann liegt kein Primärtumor mehr vor, aber eine metastasierte Erkrankung.
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Mehr Informationen„Nicht operabel“ bedeutet nicht, dass grundsätzlich gar nichts operiert werden kann. Entscheidend ist, ob man einen Tumor so operieren kann, dass dabei keine unvertretbaren Folgeschäden entstehen.
Ein Tumor gilt vor allem dann als nicht sinnvoll operierbar, wenn:
Bei GIST kann „lokal fortgeschritten“ zum Beispiel bedeuten:
In solchen Situationen beginnt man in der Regel nicht sofort mit einer Operation, sondern zuerst mit einer medikamentösen Therapie.
Bei GIST werden keine klassischen Chemotherapien eingesetzt. Die medikamentösen Therapie erfolgt als Tablettentherapie, die gezielt an den Mechanismen ansetzt, die die Erkrankung antreiben. Das ist ein zentraler Unterschied zu vielen anderen Krebsarten.
Die Tumorgröße ist ein Risikofaktor: Größere Tumoren haben im Durchschnitt ein höheres Risiko für Metastasen als kleinere. Dennoch ist die Situation nicht automatisch „je größer, desto sicher metastasiert“, denn es spielen mehrere Faktoren eine Rolle:
Lokalisation im Magen-Darm-Trakt:
Zahl der Teilungsfiguren (Zellteilung):
Die Forschung arbeitet daran, künftig noch genauer vorhersagen zu können, bei welchen Patienten Metastasen entstehen.
GIST ist nicht gleich GIST. Entscheidend für die Therapie ist der molekulare Subtyp – und dafür braucht es eine Mutationsanalyse aus Tumorgewebe oder einer Biopsie. Dabei wird unter anderem geprüft:
Zusätzlich ist wichtig, wo genau die Mutation im jeweiligen Gen sitzt – denn das hat direkte Konsequenzen für die Behandlung:
Beispiel PDGFR:
Beispiel KIT:
Ziel der Mutationsanalyse ist also auch, unwirksame Therapien zu vermeiden und möglichst früh die passende Behandlung zu starten.
Wenn eine Therapie „anspricht“, heißt das vor allem:
Manchmal verschwinden Metastasen in der Bildgebung komplett. Häufig bleibt – besonders in der Leber – etwas zurück, das wie eine Narbe oder ein „Hohlraum“ wirkt. Trotzdem können im Körper kleine Resttumorzellen überleben.
„Ansprechen“ ist nicht gleich „Heilung“. Heilung würde bedeuten, dass wirklich alle Tumorzellen verschwunden sind und man Medikamente dauerhaft absetzen könnte. Das ist bei GIST sehr selten. Bei vielen Betroffenen bedeutet eine wirksame Therapie jedoch:
Wenn die Therapie bei einer gestreuten Erkrankung unterbrochen oder abgesetzt wird, beginnt bei der großen Mehrzahl der Patienten die Erkrankung wieder zu wachsen. Das hängt damit zusammen, dass oft Restzellen verbleiben, die später wieder aktiv werden können.
GIST streut anders als viele andere bösartige Erkrankungen:
Für die Leber gilt:
Tablettentherapie klingt im ersten Moment leicht, aber die Erfahrung ist sehr unterschiedlich:
Für viele Nebenwirkungen kann man etwas tun – durch unterstützende Maßnahmen und durch individuelle Dosisanpassungen („Feintuning“). Bevor eine wirksame Therapie beendet wird, sollte man versuchen, Nebenwirkungen so zu reduzieren, dass sie akzeptabel werden.
Die Medikamente sollen täglich eingenommen werden. Bei Therapien nach Imatinib kann es geplante Pausen geben – aber diese werden genau vorgegeben. Von eigenmächtigen Pausen wird deutlich abgeraten, weil die Erkrankung dann wieder wachsen kann.
Zur Uhrzeit:
Resistenzen sind bei gestreuter, nicht operabler Erkrankung sehr häufig:
Es gibt aber auch eine positive Ausnahme:
Als durchschnittlicher Orientierungswert wird für Exon-11-Mutationen genannt:
Früher war die Prognose sehr schlecht war: Ende der 1990er Jahre lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei metastasiertem GIST bei etwa 12 bis 18 Monaten. Heute leben viele Betroffene deutlich länger, oft viele Jahre, in Einzelfällen sogar sehr lange – auch durch die verfügbaren Therapieoptionen und ergänzende Verfahren.
Neben Medikamenten können bei einem Teil der Patienten lokale Verfahren sinnvoll sein – insbesondere bei Metastasen. Dazu zählen:
Etwa ein Fünftel bis ein Viertel der Patienten mit Metastasen könnten für solche lokalen Verfahren infrage kommen. Wichtig dabei:
Es ist nicht sinnvoll, für Routinekontrollen (z. B. Blutabnahmen) weit zu reisen. Für eine komplizierte Operation kann sich die Reise jedoch lohnen, weil der Nutzen langfristig groß sein kann.
Zur Kostenfrage:
Die Lebensqualität hängt stark davon ab, welches Medikament eingesetzt wird und wie gut es vertragen wird.
Es wird intensiv daran gearbeitet, GIST künftig häufiger heilen zu können. Dazu wurde ein Forschungskonsortium mit dem Ziel gegründet, zu verstehen, warum unter Therapie oft nicht alle Tumorzellen verschwinden, sondern z. B. „nur“ 95–98 %. Ein Ansatz ist:
Die Teilnahme an klinischen Studien und die Unterstützung von Forschung ist – sowohl mit Blick auf die eigene Situation als auch für zukünftige Patienten sehr wichtig. In einem Forschungsprojekt sollen beispielsweise Patienten, die unter Imatinib operiert werden, Tumorgewebe für Forschungszwecke zur Verfügung stellen, wenn es nicht für die pathologische Diagnostik geeignet ist.
Wer sich beteiligen möchte, kann sich melden, damit geprüft werden kann, ob es ein passendes Angebot gibt. Zudem wird eine globale Forschungsallianz zur Heilung (Research Alliance for the Cure) gebildet, in der führende GIST-Forschungseinrichtungen der Welt ihre Projekte koordinieren und effizient vernetzen.
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