Weichgewebesarkome sind eine sehr große und heterogene Gruppe von Tumoren. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Operationen. Selbst wenn zwei Tumoren an derselben Körperregion, etwa am Arm oder am Bein, auftreten, können die Eingriffe sehr unterschiedlich sein. Auch im Bauchraum gibt es große Unterschiede. Der Begriff „Ort“ wird hier besser durch „Lokalisation“ ersetzt, da nicht nur der Körperbereich, sondern auch die Tiefe und Umgebung des Tumors entscheidend sind. Prof. Dr. med. Jens Jakob, Leiter der Sarkomchirurgie am Sarkomzentrum Mannheim, klärt darüber auf.
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Prof. Dr. med. Jens Jakob
Leiter der Sarkomchirurgie am Sarkomzentrum Mannheim
Planung der Operation:
Durchführung der Operation:
Beurteilung des Operationsergebnisses:
Weitere Schritte bei R1/R2-Resektion:
Nachsorge direkt nach der Operation:
Anschlussrehabilitation:
Umgang mit Lymphödemen:
Wünschenswert ist, dass Patienten nicht erst nach Abschluss der gesamten Diagnostik ins Sarkomzentrum kommen. In einem solchen Zentrum werden sie bereits frühzeitig in einer gemeinsamen interdisziplinären Sprechstunde vorgestellt. In dieser Sprechstunde sehen sie hauptsächlich die Chirurgen. Anders als bei vielen anderen Tumorerkrankungen, bei denen Diagnostik und Chirurgie klar getrennt sind (z.B. Viszeralchirurgie und Gastroenterologie), übernehmen die Sarkomchirurgen oft bereits früh zentrale Aufgaben der Diagnostik.
Ein wesentliches Element ist dabei die Durchführung von Biopsien, die in vielen Fällen von den Sarkomchirurgen selbst vorgenommen werden.
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Mehr InformationenBei der Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) wird besonders sorgfältig gearbeitet. Um das umliegende Gewebe zu schützen, verwenden die Chirurgen eine sogenannte Koaxialnadel. Diese spezielle Hülse ermöglicht es, die eigentliche Biopsienadel durch eine feste Führung einzuführen. Dadurch wird das Gewebe dazwischen geschützt in der Biopsie.
Zusätzlich wird bei der Biopsie eine kleine Hautinzision vorgenommen. Diese dient nicht nur der besseren Platzierung der Nadel, sondern hat auch den Vorteil, dass die spätere Operationsplanung erleichtert wird. Die kleine Narbe markiert den Einstichkanal, der dann später bei der Tumorentfernung mit einem Sicherheitsabstand mit herausgeschnitten wird. Wird die Biopsie von den Operateuren selbst durchgeführt, können sie den Einstich so wählen, dass dieser optimal in die spätere Operation integriert werden kann.
Es ist entscheidend, dass Patienten sich in einem spezialisierten Sarkomzentrum behandeln lassen, insbesondere was die chirurgische Versorgung betrifft. Erfahrung spielt hier eine zentrale Rolle. Viele Komplikationen oder suboptimale Operationsergebnisse entstehen, wenn Sarkome in nicht spezialisierten Kliniken operiert werden.
Allerdings bedeutet dies nicht, dass Chirurgen außerhalb von Sarkomzentren prinzipiell schlechte Arbeit leisten. Auch außerhalb werden viele Patienten erfolgreich behandelt. Trotzdem gibt es Besonderheiten bei Sarkomen, die spezielle Kenntnisse und Erfahrung erfordern, ähnlich wie bei anderen seltenen oder komplexen Erkrankungen.
Ein häufiger Fehler außerhalb spezialisierter Zentren ist, dass Weichteilsarkome zunächst für harmlose Blutergüsse gehalten werden. Zum Beispiel könnte ein Unfallchirurg eine große Schwellung nach einem Trauma oder bei Blutverdünnung korrekt als Bluterguss deuten. Gibt es jedoch kein passendes Trauma oder keine Blutverdünnung, sollte man bei einer ungewöhnlichen Schwellung vorsichtig sein und eine weiterführende Diagnostik veranlassen.
Spätestens wenn der Verdacht auf ein Sarkom besteht, sollte ein spezialisiertes Zentrum eingebunden werden. Idealerweise sollte dies sogar schon bei ersten Warnsignalen geschehen. Eine bewährte Faustregel stammt aus dem britischen Gesundheitssystem: Eine Raumforderung sollte abgeklärt werden, wenn sie größer als fünf Zentimeter ist, wenn sie wächst, wenn sie nicht oberflächlich direkt unter der Haut liegt (wie ein einfaches Lipom) oder wenn sie Beschwerden verursacht.
Im Sarkomzentrum kommen alle wichtigen Fachdisziplinen in einem sogenannten Tumorboard zusammen. Ziel dieser Besprechung ist es, für jeden Patienten die beste Therapie festzulegen. Dabei werden alle diagnostischen Ergebnisse und individuellen Besonderheiten berücksichtigt.
Es gibt bestimmte Situationen, in denen ein Sarkom ausschließlich operiert werden kann, ohne dass eine zusätzliche Therapie wie Strahlentherapie oder Chemotherapie notwendig wird. Das betrifft vor allem gut differenzierte Liposarkome. Diese Tumoren haben eine geringe Neigung, Metastasen zu bilden, und zeigen nur eine begrenzte lokale Aggressivität.
Beim sogenannten Grading wird die biologische Aggressivität eines Tumors eingestuft. Gut differenzierte Liposarkome gehören zu den weniger aggressiven Tumoren. Sie können zwar lokal wiederkehren, aber die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall – etwa im Bereich des Beines – liegt bei etwa 5 %.
Eine zusätzliche Strahlentherapie könnte diese Rückfallrate auf etwa 2–3 % senken. Allerdings müssten dafür viele Patienten bestrahlt werden, die ohnehin keinen Rückfall erlitten hätten, was mit möglichen Nebenwirkungen verbunden ist. Deshalb wird die Entscheidung für oder gegen eine zusätzliche Therapie gemeinsam und individuell mit den Betroffenen getroffen.
Andere Tumorarten, wie beispielsweise Myxofibrosarkome, verhalten sich aggressiver. Diese Tumoren wachsen infiltrierend in das umliegende Gewebe, sodass selbst bei einer Operation mit Sicherheitsabstand ein erhöhtes Risiko für Lokalrezidive besteht. Hier ist eine zusätzliche Strahlentherapie notwendig, um einzelne verbliebene Tumorzellen abzutöten und die Rückfallwahrscheinlichkeit zu senken.
Bei der Strahlentherapie gibt es zwei Strategien:
Wann welche Variante angewendet wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein klassisches Beispiel für eine neoadjuvante (präoperative) Strahlentherapie ist das myxoide Liposarkom. Dieser Tumor zeigt im MRT typische Merkmale, lässt sich pathologisch gut identifizieren und spricht besonders gut auf Strahlenbehandlung an.
Nach der Operation hingegen müsste ein größeres Strahlenfeld gewählt werden, und die notwendige Strahlendosis wäre höher, was das Risiko von Nebenwirkungen erhöht.
Ein wesentlicher Nachteil der Bestrahlung vor der Operation ist das erhöhte Risiko für Wundheilungsstörungen. Bestrahltes Gewebe heilt schlechter als nicht bestrahltes. Daher muss individuell entschieden werden, welche Strategie besser geeignet ist.
Bei Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren für schlechte Wundheilung, etwa bei bestehendem Diabetes oder langjährigem Nikotinkonsum, kann es sinnvoll sein, zunächst die Operation durchzuführen und erst danach zu bestrahlen, um die Heilungschancen zu optimieren.
Das Hauptziel einer Operation bei Weichgewebesarkomen ist es, den Patienten tumorfrei zu machen. Der Tumor soll vollständig entfernt werden. Gleichzeitig wird darauf geachtet, dass die Betroffenen möglichst rasch wieder mobil sind und das Krankenhaus in gutem Zustand verlassen können. Dabei müssen Vortherapien, das individuelle Operationsmanagement und die Wünsche der Patienten bezüglich Radikalität und Funktionserhalt berücksichtigt werden.
Bei der Beurteilung des Operationsergebnisses spricht man häufig von R0, R1, R2 oder RX-Resektionen. „R“ steht dabei für den Resektionsrand, also den Bereich, an dem der Tumor entfernt wurde. Nach der Operation wird das gesamte entnommene Gewebe von der Pathologie untersucht. Präparate werden in Scheiben geschnitten, in Wachs eingebettet und archiviert. Diese Aufbewahrung ermöglicht spätere Nachuntersuchungen oder Vergleiche, zum Beispiel bei neuen Tumormanifestationen oder bei Weiterentwicklungen in der Diagnostik.
Die Klassifikation des Resektionsstatus:
Wenn Tumorzellen am Rand gefunden wurden oder der Tumor verletzt wurde, muss das weitere Vorgehen sorgfältig überlegt werden. Dabei spielen Faktoren wie der ursprüngliche Tumorort, der Zustand des Patienten, die bisherige Therapie (z.B. Bestrahlung) und die Heilung der Operationswunde eine Rolle.
Mögliche Schritte sind:
In vielen Fällen erfordert die Behandlung eine Abwägung: Höhere Tumorsicherheit durch eine sehr radikale Operation kann mit dem Verlust wichtiger Körperfunktionen einhergehen. Umgekehrt kann eine schonendere Vorgehensweise das Risiko eines Tumorrückfalls leicht erhöhen.
Diese Entscheidungen werden immer gemeinsam mit den Patienten getroffen. Sie sollen verstehen, welche Möglichkeiten bestehen und welche Konsequenzen jede Option hat. Letztlich entscheiden sie mit, ob sie einen stärkeren Fokus auf maximale Tumorsicherheit oder auf den Erhalt von Funktionen legen möchten.
In den meisten Fällen sind Lymphknoten bei Weichgewebesarkomen nicht betroffen. Anders als bei Tumorarten wie schwarzem Hautkrebs oder Dickdarmkrebs, bei denen Metastasen in Lymphknoten häufig auftreten, ist dies bei Weichgewebesarkomen selten.
Ob Lymphknoten eine Rolle spielen, hängt vom Typ des Sarkoms ab. Bei den meisten Sarkomarten, zum Beispiel beim Liposarkom, ist die Wahrscheinlichkeit für Lymphknotenmetastasen sehr gering. Daher wird in der Regel nur eine klinische Untersuchung durchgeführt, etwa das Abtasten der Leistenlymphknoten. Auf spezielle bildgebende Untersuchungen oder die operative Entfernung der Lymphknoten wird meist verzichtet.
Die Lage des Sarkoms im Körper beeinflusst die Vorgehensweise bei der Operation erheblich. Grundsätzlich unterscheidet sich der Zugang je nach Körperregion:
Liegt das Sarkom an einer Extremität wie Arm oder Bein, erfolgt der Zugang direkt von der Seite, an der der Tumor liegt. Das Operationsfeld ist dabei relativ übersichtlich, und es ist möglich, durch Entfernung eines Teils der Muskulatur Sicherheitsabstände einzuhalten, ohne lebenswichtige Strukturen zu gefährden.
Auch wenn ein Teil der Muskulatur entfernt werden muss, bleibt in der Regel genügend funktionsfähiges Gewebe übrig. Der Patient kann nach der Operation oft wieder gute Mobilität erreichen, gegebenenfalls mit Hilfsmitteln oder Rehabilitationsmaßnahmen.
Sarkome im Bauchraum oder speziell im sogenannten Retroperitoneum (dem hinteren Bauchraum) stellen eine größere Herausforderung dar. Obwohl diese Tumoren hinten im Körper liegen, wird der operative Zugang von vorne gewählt. Ein Zugang von hinten wäre wegen der dichten Muskelschichten und fehlenden Übersicht nicht sinnvoll.
Im Bauchraum ist es deutlich schwieriger, einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum Tumor einzuhalten, da wichtige Organe und große Gefäße sehr nahe beieinanderliegen. Eine radikale Entfernung könnte bedeuten, mehrere lebenswichtige Organe oder Blutgefäße zu verletzen oder zu entfernen, was schwerwiegende Komplikationen oder sogar Lebensgefahr bedeuten würde.
Die Risiken einer Operation sind je nach Lage des Tumors unterschiedlich:
Sarkome im Kopf- und Halsbereich treten zwar seltener auf, stellen jedoch besondere Anforderungen an Diagnostik und Therapie. In dieser Region sind häufig Hals-Nasen-Ohren-Ärzte (HNO) die ersten Ansprechpartner. Sie sind es gewohnt, Tumoren in diesem Bereich zu behandeln und übernehmen oft auch die Diagnostik sowie die erste Operation.
Das Vorgehen der HNO-Ärzte orientiert sich häufig an den Standards für Karzinome (bösartige Tumoren aus Schleimhautgewebe). Deshalb kommen Patienten mit einem Kopf-Hals-Sarkom manchmal erst nach einer ersten Operation ins Sarkomzentrum. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie schlecht operiert wurden, sondern lediglich, dass die Behandlungskette anders verläuft als bei Sarkomen an anderen Körperstellen, wo die Zentren meist von Anfang an eingebunden sind.
Im Kopf-Hals-Bereich bestehen ähnliche Schwierigkeiten wie bei Operationen im Bauchraum. Die dichte Lage lebenswichtiger Strukturen wie großen Blutgefäßen (z.B. Halsschlagader), dem Kehlkopf oder der Speiseröhre schränkt die chirurgischen Möglichkeiten erheblich ein. Es ist oft nicht möglich, große Sicherheitsabstände einzuhalten, ohne erhebliche Risiken einzugehen oder lebenswichtige Funktionen zu beeinträchtigen.
Gerade in diesen sensiblen Bereichen wird sorgfältig abgewogen, was möglich und verantwortbar ist. Die Planung der Operation erfolgt sehr präzise:
Im Bauchraum gilt ein ähnliches Prinzip: Wo ungefährliche Strukturen betroffen sind, können größere Abstände eingehalten werden. Wo lebenswichtige Organe oder Gefäße in der Nähe sind, muss besonders vorsichtig geplant und operiert werden.
Nach einer Operation am Arm oder Bein gelten klare Regeln für die Entlassung:
Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Entlassung erfolgen. Allerdings bedeutet die Entlassung nicht das Ende der ärztlichen Betreuung.
Nach der Entlassung werden die Wunden weiterhin kontrolliert. In der Regel erfolgen ein bis zwei Kontrolltermine in den ersten drei Wochen nach der Operation, um sicherzustellen, dass die Heilung problemlos verläuft.
Bereits bei der Entlassung erhalten die Patientinnen und Patienten ein Rezept für Physiotherapie, damit sie zu Hause mit der Mobilisation beginnen können. Ziel ist es, Beweglichkeit und Kraft frühzeitig wieder aufzubauen.
Wenn die Wunden gut verheilt sind und keine weiteren Therapien unmittelbar geplant sind, wird eine Reha empfohlen. Sie dient dazu, den Patienten die Rückkehr in den Alltag zu erleichtern, die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern und die Lebensqualität zu verbessern.
Falls jedoch eine Strahlentherapie notwendig ist, verschiebt sich die Reha. In diesem Fall wird zunächst die Strahlentherapie abgeschlossen und anschließend die Rehabilitation geplant.
Die Beantragung und Organisation der Reha erfolgt in der Regel über den Sozialdienst des Krankenhauses. Dort wird frühzeitig nach der Operation alles Notwendige in die Wege geleitet.
Trotz dieser Unterstützung ist es hilfreich, wenn Patienten und insbesondere Angehörige aktiv mitdenken und das Behandlungsteam durch ihre Aufmerksamkeit und Mithilfe unterstützen. Angehörige spielen oft eine wichtige Rolle im Genesungsprozess und der Organisation der Nachsorge.
Lymphödeme sind eine häufige Komplikation nach Operationen von Weichgewebesarkomen, besonders an den Extremitäten. Das Lymphsystem, das überschüssige Gewebsflüssigkeit abtransportiert, wird durch die Operation beeinträchtigt:
Eine direkte Rekonstruktion der Lymphbahnen während der Operation ist derzeit technisch schwierig und nicht mit der Routine vergleichbar, die etwa bei Gefäßbypässen möglich ist.
Da ein gewisses Risiko für Lymphödeme nicht vermeidbar ist, wird von Beginn an versucht, die Folgen so gering wie möglich zu halten:
In den meisten Fällen lassen sich Lymphödeme durch diese Maßnahmen gut kontrollieren. In schwereren Fällen, bei denen die Beschwerden trotz aller Bemühungen bestehen bleiben, gibt es spezialisierte Zentren, an die betroffene Patienten überwiesen werden können.
In Einzelfällen kann eine chirurgische Therapie wie die Transplantation von Lymphknoten oder Lymphbahnen in Erwägung gezogen werden. Solche Eingriffe sind jedoch komplex und werden nur in spezialisierten Kliniken durchgeführt. Das ist ein sehr schwieriges und anspruchsvolles Feld.
Eine sorgfältige Aufklärung der Patienten ist entscheidend. Regelmäßiges Tragen der Kompressionsstrümpfe, die konsequente Durchführung der Lymphdrainage sowie eine frühzeitige Erkennung von Schwellungen können helfen, die Lebensqualität langfristig zu sichern.
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