Wie erkennt man Weichgewebesarkome? Infos zu Symptomen, Bildgebung, Biopsie, Pathologie und Therapieplanung – verständlich erklärt von Dr. med Franka Menge, Fachärztin für Innere Medizin am Sarkomzentrum Mannheim.
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Dr. med Franka Menge
Fachärztin für Innere Medizin am Sarkomzentrum Mannheim
Frühe Anzeichen und erste Schritte
Warnzeichen und Selbstbeobachtung
Bildgebung: CT und MRT
Gewebeentnahme (Biopsie)
Untersuchung in der Pathologie
Therapieplanung im Tumorboard
Wartezeit nutzen
Weichgewebesarkome sind seltene Tumoren, die überall im Körper auftreten können. Deshalb unterscheiden sich die Symptome je nach Lage des Tumors.
Am häufigsten entstehen Weichgewebesarkome an den Extremitäten – also an Armen oder Beinen. Betroffene bemerken dort meist eine Schwellung. Diese ist in der Regel nicht schmerzhaft, wächst jedoch mit der Zeit. Liegt der Tumor tief im Gewebe, wird die Schwellung oft nicht direkt erkannt. Stattdessen fällt vielleicht auf, dass z.?B. ein Hosenbein enger wird, weil der Umfang des Beins zugenommen hat.
Im Bauchraum machen Sarkome oft lange Zeit keine Beschwerden. Manche Patientinnen und Patienten merken nur, dass der Hosenbund enger wird oder der Gürtel nicht mehr passt – obwohl sie nicht zugenommen haben. Klassische Warnzeichen, die man von anderen Krebsarten kennt – wie Fieber über 38?Grad, Nachtschweiß oder Gewichtsverlust – treten bei Sarkomen nur sehr selten auf. Allenfalls kann es zu einem Druckgefühl im Bauch kommen. Häufig wird ein Sarkom auch zufällig bei einer anderen Untersuchung entdeckt. Ein typisches Symptom, das zuverlässig auf ein Weichgewebesarkom hinweist, gibt es also leider nicht.
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Mehr InformationenBevor Patientinnen und Patienten in eine spezialisierte Klinik kommen, haben sie meist bereits mehrere Arztbesuche hinter sich. Weil Weichgewebesarkome so selten sind, denken viele zunächst nicht an einen bösartigen Tumor.
In den meisten Fällen ist der Hausarzt oder die Hausärztin die erste Anlaufstelle. Zwar gibt es bestimmte Warnzeichen, die aufmerksam machen sollten – etwa eine tiefliegende, wachsende Schwellung –, aber auch Hausärzte sehen im gesamten Berufsleben oft nur ein oder zwei Sarkome. Die Wahrscheinlichkeit, sofort an diese Diagnose zu denken, ist deshalb sehr gering.
In Großbritannien gab es einmal eine Aufklärungskampagne: Alles, was größer als vier Zentimeter ist, wächst, tief im Gewebe liegt und sich schlecht verschieben lässt, sollte ärztlich abgeklärt werden. Auch wenn Schmerzen auftreten – was aber nicht immer der Fall ist – kann das ein Hinweis sein.
Damals wurde symbolisch ein Golfball mit der Aufschrift „Könnte das ein Sarkom sein?“ verschickt. Der Golfball hat etwa vier Zentimeter Durchmesser – das sollte an die kritische Größe erinnern.
Neben Hausärzten sind oft auch andere Fachärzte involviert. Gerade bei Beschwerden im Beinbereich werden häufig Orthopäden aufgesucht. Wenn sich eine Schwellung unter der Haut zeigt, landen viele auch beim Hautarzt. Dabei kann es sich um ein gutartiges Lipom handeln – das ist eine weiche, verschiebliche Fettgewebsansammlung unter der Haut. Doch auch bösartige Tumoren können sich auf ähnliche Weise bemerkbar machen. Manchmal ist die Haut über dem Knoten gerötet oder verhärtet. Die Unterscheidung ist nicht immer einfach.
Wenn die Patienten beim Hausarzt sind, erfolgt meist eine Blutuntersuchung. Diese hilft bei Sarkomen jedoch nur selten weiter: Die Blutwerte sind in der Regel unauffällig. Auch spezifische Tumormarker – wie man sie von anderen Krebsarten kennt – gibt es bei Weichgewebesarkomen nicht.
Wichtig ist es, Veränderungen genau zu beobachten. Ein praktischer Tipp: Ein Lineal oder Maßband zur Hilfe nehmen, um das Wachstum zu dokumentieren. Zum Beispiel kann man eine Schwellung fotografieren und dabei ein Lineal anlegen. Zwei Wochen später macht man dasselbe Foto erneut. So lässt sich objektiv erkennen, ob sich die Größe verändert hat.
Besonders hilfreich ist das auch, um dem Hausarzt eine klare Information zu geben: „Diese Schwellung wächst.“ Noch genauer wird es, wenn man zum Beispiel die Umfänge der beiden Oberschenkel vergleicht – bei Verdacht auf ein inneres Wachstum.
Das Messen mit einem Maßband oder die Fotodokumentation mit dem Handy sind einfache und wirkungsvolle Methoden. Sie helfen nicht nur dabei, Veränderungen frühzeitig zu erkennen, sondern machen es auch Ärztinnen und Ärzten leichter, die richtige Entscheidung zu treffen.
Patienten kommen auf ganz unterschiedlichen Wegen in ein Sarkomzentrum. In den meisten Fällen ist der Hausarzt oder die Hausärztin die erste Anlaufstelle. Oft werden dort erste Untersuchungen wie eine Blutabnahme oder ein Ultraschall gemacht. Wenn dabei ein auffälliger Befund entdeckt wird – zum Beispiel ein Tumor, der nicht wie ein Hämatom aussieht und eventuell durchblutet ist –, wird meist weitere Diagnostik eingeleitet.
Auch Orthopäden, Internisten, Magen-Darm-Spezialisten oder Gynäkologen überweisen gelegentlich Patienten ins Sarkomzentrum, wenn sie bei ihren Untersuchungen auf eine verdächtige Raumforderung stoßen. Doch besonders häufig sind es Hausärzte, die als erste reagieren – schließlich kennen sie ihre Patienten meist am besten.
Viele Hausärzte setzen Ultraschallgeräte hauptsächlich für die Untersuchung von Organen ein. Dabei wäre es sehr sinnvoll, sie auch für die Beurteilung von Schwellungen an den Extremitäten einzusetzen. Selbst wenn der Arzt oder den Tumor nicht eindeutig einordnen kann, lässt sich mit dem Ultraschall zumindest erkennen, ob es sich um eine auffällige Struktur handelt.
Hilfreich ist auch hier das Messen der Veränderung. Wenn man die betroffene Stelle in einem ersten Ultraschall misst und zwei Wochen später erneut, kann man gut erkennen, ob der Tumor wächst. Gerade wenn Patienten unsicher sind, wie lange eine Schwellung schon besteht, hilft diese objektive Herangehensweise bei der Beurteilung.
Die Bildgebung ist ein entscheidender nächster Schritt in der Diagnostik. Welches Verfahren eingesetzt wird, hängt davon ab, wo der Tumor liegt:
Ein MRT ist ein wichtiges, aber nicht immer angenehmes Untersuchungsverfahren. Die Untersuchung findet in einer langen, engen Röhre statt. Manche Menschen empfinden das als beängstigend oder unangenehm – vor allem, wenn sie unter Platzangst leiden. Das Gerät macht außerdem laute Klopfgeräusche. Deshalb ist ein Gehörschutz unbedingt empfehlenswert. Ein hilfreicher Tipp: Augen schließen, bevor man in die Röhre hineingeschoben wird – und erst wieder öffnen, wenn die Untersuchung vorbei ist.
Die Untersuchung dauert meist mindestens eine halbe Stunde. Während dieser Zeit muss man möglichst ruhig liegen, damit die Bilder nicht verwackeln. Wer sehr unruhig oder ängstlich ist, kann unter Umständen eine Beruhigungstablette bekommen. Zudem bekommt man eine Notfallklingel in die Hand – falls es wirklich nicht mehr auszuhalten ist, kann man sich jederzeit bemerkbar machen.
Auch wenn die Untersuchung herausfordernd sein kann: Die Qualität der Bilder ist es wert. Die MRT liefert gestochen scharfe Schichtbilder, mit denen Ärztinnen und Ärzte die genaue Ausdehnung und Lage des Tumors beurteilen können.
Bei der Bildgebung – zum Beispiel bei CT oder MRT – hilft ein Kontrastmittel, die verschiedenen Gewebestrukturen im Körper besser voneinander zu unterscheiden. Denn im Körper liegt vieles sehr dicht beieinander: Muskeln, Gefäße, Organe. Damit Radiologen den Tumor genau erkennen und abgrenzen können, ist ein Kontrastmittel sehr hilfreich.
Das Kontrastmittel wird in die Blutbahn gespritzt. Viele Patienten machen sich Sorgen, ob es gesundheitsschädlich sein könnte. Doch gerade bei der ersten Untersuchung ist der Nutzen eindeutig: Mit Kontrastmittel lassen sich Lage, Größe und Ausdehnung des Tumors deutlich besser erkennen.
Beim Einspritzen des Kontrastmittels empfinden viele ein Wärmegefühl im Körper. Das kann unangenehm sein, besonders wenn man gerade in der engen MRT-Röhre liegt. Es ist jedoch harmlos und vergeht nach kurzer Zeit. Wer das vorher weiß, erschrickt sich nicht unnötig.
Im Gegensatz zur MRT ist die CT meist schneller. Man liegt auf einem Tisch und wird durch eine offene Röhre geschoben. Die Untersuchung dauert nur wenige Minuten und ist für viele angenehmer als ein MRT.
Der Nachteil: Eine CT arbeitet mit Röntgenstrahlung. Deshalb versucht man, die Strahlenbelastung so gering wie möglich zu halten. Es gibt inzwischen sogenannte Low-Dose-CTs, also CTs mit niedriger Strahlendosis. Diese werden zum Beispiel beim Lungenkrebs-Screening eingesetzt.
Für die erste Tumordiagnose ist jedoch meist ein vollständiges CT mit Kontrastmittel notwendig. Denn wenn es zum Beispiel darum geht, Metastasen in der Lunge zu erkennen, ist ein genaues Bild wichtiger als die Strahlenbelastung. In der Nachsorge – also nach abgeschlossener Therapie – kann man dann gegebenenfalls auf CTs mit niedrigerer Strahlendosis umsteigen.
Die heutigen Bildgebungsverfahren liefern sehr präzise Bilder in vielen Schichten. Radiologen können damit bereits eine erste Einschätzung abgeben, ob ein Tumor gutartig oder bösartig ist. Das geschieht durch den Vergleich mit typischen Merkmalen – z.?B. Durchblutung, Gewebestruktur und Abgrenzung zum umliegenden Gewebe.
Doch wichtig zu wissen: Eine endgültige Diagnose ist damit nicht möglich. Dafür braucht es eine Gewebeprobe (Biopsie), die anschließend unter dem Mikroskop untersucht wird. Die Bildgebung liefert also wichtige Hinweise, aber keine endgültige Sicherheit.
Nach der Bildgebung – also dem CT oder MRT – sollte im Idealfall der nächste Schritt in einem speziellen Sarkomzentrum erfolgen. Dort wird gemeinsam entschieden, wie es weitergeht. Jetzt ist es wichtig, dem Tumor einen „Namen“ zu geben: Man muss wissen, um welche Art von Gewebe es sich handelt, um die richtige Behandlung planen zu können.
Dazu braucht es eine Gewebeprobe, also ein kleines Stück des Tumors, das unter dem Mikroskop untersucht werden kann. Diesen Vorgang nennt man Biopsie.
Die Stanzbiopsie ist ein schonendes Verfahren, bei dem mit einer dünnen Nadel gezielt ein kleiner Gewebezylinder aus dem Tumor entnommen wird. Sie erfolgt in der Regel unter Ultraschall- oder CT-Kontrolle, damit genau die richtige Stelle getroffen wird – also dort, wo der Tumor am auffälligsten ist und viele Zellen vorhanden sind. Tumoren bestehen nicht überall aus dem gleichen Gewebe: Manche Bereiche sind dichter, andere weniger durchblutet oder sogar hohl. Um eine aussagekräftige Probe zu bekommen, muss gezielt die „richtige“ Stelle getroffen werden.
Das Ziel ist: so wenig Gewebe wie nötig – aber so präzise wie möglich.
Eine häufige Sorge ist, dass beim Herausziehen der Biopsienadel Tumorzellen „verschleppt“ werden könnten – also entlang des Stichkanals neue Tumorzellen wachsen. Diese Sorge ist verständlich, kommt aber in der Praxis äußerst selten vor. Die Wahrscheinlichkeit ist laut Studien sehr gering (im niedrigen einstelligen Prozentbereich).
Wichtig: Wird der Tumor später operativ entfernt, wird in der Regel der gesamte Stichkanal der Biopsie mit entfernt – um jedes mögliche Restrisiko auszuschließen. Daher ist es so wichtig, dass die Biopsie in Absprache mit dem Chirurgen geplant wird.
Nach der Biopsie wird das entnommene Tumorgewebe in der Pathologie untersucht. Dort sehen sich spezialisierte Fachärzte die Probe zuerst unter dem Mikroskop an. Dabei erkennen sie bereits erste Hinweise auf die Art des Tumors.
Doch damit endet die Analyse nicht. Es folgen weitere Färbungen, um Zellarten besser sichtbar zu machen, sowie teilweise genetische Untersuchungen, um Veränderungen im Erbgut der Tumorzellen zu erkennen. All diese Informationen werden kombiniert, um eine möglichst genaue Diagnose zu stellen.
Es gibt über 100 verschiedene Arten von Weichgewebesarkomen – manche wachsen langsam, andere sehr schnell, manche neigen zur Metastasenbildung, andere weniger. Deshalb ist es entscheidend zu wissen:
Die Pathologie liefert diese Informationen und ermöglicht dadurch eine passgenaue Therapieplanung.
Weil Sarkome selten sind, ist es wichtig, dass sie von Experten behandelt werden, die Erfahrung mit diesen Tumoren haben. In spezialisierten Zentren arbeiten Teams aus:
Sie treffen sich regelmäßig im sogenannten Tumorboard, um gemeinsam alle Befunde zu besprechen und die bestmögliche Therapie für jeden Patienten zu planen. Wenn ein Zentrum eine Probe nicht eindeutig beurteilen kann, wird sie zur Zweitbegutachtung an ein anderes Zentrum geschickt – das ist gelebte Qualitätssicherung.
Die Zeit zwischen Biopsie und endgültiger Diagnose kann bis zu zwei Wochen dauern. Für viele Betroffene ist das eine sehr belastende Phase. Untersuchungen müssen vorbereitet, Spezialfärbungen durchgeführt oder Proben weitergeleitet werden.
Um diese Zeit aktiv zu nutzen, können Patienten zum Beispiel schon einen Termin für ein CT der Lunge organisieren. Die Lunge ist der häufigste Ort für Metastasen bei Weichgewebesarkomen. Auch wenn sich später herausstellt, dass keine Metastasen vorliegen – ein Termin lässt sich zur Not wieder absagen. Aber: Frühzeitiges Handeln spart im Ernstfall wertvolle Zeit.
Wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind, weiß das Behandlungsteam:
Erst jetzt kann entschieden werden, wie die Therapie aussehen soll. Möglich sind Operation, Chemotherapie, Bestrahlung oder Kombinationen davon.
Viele Patientinnen und Patienten haben nach der Diagnose den Wunsch: „Der Tumor soll sofort raus!“ Doch in vielen Fällen ist eine sofortige Operation nicht die beste Lösung.
Wenn z.B. vor der Operation eine Therapie erfolgen soll – etwa um den Tumor zu verkleinern oder besser abgrenzen zu können – ist es wichtig, die Operation nicht zu früh durchzuführen. Ist der Tumor einmal entfernt, kann man diese Chance nicht mehr nutzen.
Die Therapieplanung basiert darauf, dass alle Informationen vorliegen. Deshalb lohnt es sich, ein paar Tage Geduld zu haben – für eine langfristig optimale Behandlung.
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