Moderne Ansätze bei der Behandlung von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs im Stadium III: Adjuvante und neoadjuvante Therapien, Strahlentherapie, Nachsorge und Nebenwirkungsmanagement – verständlich zusammengefasst von Professor Kopp, Chefarzt der Onkologie und Hämatologie des Robert Bosch Krankenhauses.
Karin Strube
Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Strube Stiftung
Prof. Dr. med. Hans-Georg Kopp
Chefarzt der Onkologie am Robert Bosch Krankenhaus Stuttgart
Allgemeines zum NSCLC im Stadium IIIA
Neoadjuvante Therapie
Rolle der Strahlentherapie
Nebenwirkungen und Management
Nachsorge
Bedeutung von zertifizierten Lungenkrebszentren
Das Stadium IIIA beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) ist Teil eines international verabschiedetes Klassifikationssystems, das regelmäßig aktualisiert wird. Diese Stadieneinteilung hilft dabei, die Ausbreitung des Tumors im Körper einzuschätzen und die optimale Therapie zu planen.
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Mehr InformationenGrundsätzlich lassen sich Tumorstadien in die Kategorien I, II, III und IV einteilen:
Eine alleinige chirurgische Entfernung reicht bei Tumoren im Stadium IIIA oft nicht aus, da die Krankheit in vielen Fällen schon weiter ausgebreitet ist, als es sichtbar ist. Studien aus Zeiten, in denen nur chirurgisch behandelt wurde, zeigen, dass die meisten Patienten Rückfälle erleiden. Deshalb kombiniert man heute verschiedene Therapien, wie:
Die Reihenfolge der Therapien kann variieren, abhängig von der genauen Situation des Patienten:
1. Adjuvante Therapie: Nach der Operation erfolgt eine Chemotherapie oder Strahlentherapie, um verbleibende Krebszellen zu bekämpfen. „Adjuvant“ bedeutet unterstützend.
2. Neoadjuvante Therapie: Hier wird die medikamentöse Therapie und/oder Strahlentherapie vor der Operation durchgeführt. Ziel ist es, den Tumor zu verkleinern und die Chemoempfindlichkeit zu testen.
Die neoadjuvante Therapie bietet den Vorteil, dass die Wirkung der Medikamente vor der Operation beurteilt werden kann. Außerdem lernen Ärzte, wie empfindlich der Tumor auf die Therapie reagiert.
Die adjuvante Therapie ist für viele Patienten schwer nachvollziehbar. Nach einer erfolgreichen Operation fragen sich viele, warum eine weitere Behandlung notwendig ist. Tatsächlich gibt es keine Tests, die sicher zeigen können, ob die Krankheit vollständig geheilt ist. Daher wird die adjuvante Therapie präventiv angewendet, um die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls zu senken.
Es gibt jedoch Herausforderungen:
Die neoadjuvante Therapie, also die Behandlung vor einer Operation, hat sich als ein besonders wirksamer Ansatz bei lokal fortgeschrittenen Tumoren des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) erwiesen. Sie bietet die Möglichkeit, die Wirkung der Chemotherapie vorab zu erkennen und Tumorzellen gezielt zu bekämpfen. Wenn der Tumor nicht auf die Chemotherapie anspricht, gilt dies häufig als Zeichen, dass auch eine rein chirurgische Behandlung nicht zu einem optimalen Ergebnis führen würde. Aus onkologischer Sicht hat die neoadjuvante Therapie mehrere Vorteile:
Je nach Lage und Ausdehnung des Tumors wird nach der neoadjuvanten Therapie eine Operation oder eine Strahlentherapie durchgeführt.
Die neoadjuvante Chemotherapie wird in der Regel über 3 bis 4 Zyklen verabreicht, die jeweils drei Wochen dauern. Insgesamt umfasst die Behandlung meist 9 bis 12 Wochen. Erste messbare Effekte lassen sich oft nach etwa sechs Wochen feststellen. Eine Verkleinerung des Tumors deutet darauf hin, dass die Therapie wirkt. Wichtig ist jedoch, dass die Tumorgröße nicht immer ein verlässlicher Indikator ist. In manchen Fällen zeigt der Tumor ein sogenanntes Pseudoprogress (Tumor sieht sichtbar größer aus), das durch zerstörte Tumorzellen oder Nekrose entsteht. Solche Tumoren können unter dem Mikroskop untersucht werden und zeigen dann nur abgestorbene Zellen.
Die Einführung der Immuntherapie in die neoadjuvante Behandlung hat die Therapieoptionen beim NSCLC revolutioniert. Bei der Kombination aus neoadjuvanter Chemotherapie und Immuntherapie erreichen etwa 25 % der Patienten eine sogenannte pathologische Komplettremission. Das bedeutet, dass keine lebenden Tumorzellen mehr nachweisbar sind – ein entscheidender Fortschritt für die Heilungschancen.
Für Patienten im Stadium III ist es deshalb wichtig, mit ihren Ärzten über den Einsatz einer neoadjuvanten Therapie in Kombination mit Immuntherapie zu sprechen. Diese Herangehensweise kann die Prognose entscheidend verbessern.
Ein Tumor beeinflusst das Immunsystem, indem er sogenannte „Ausschalter“ aktiviert, die T-Zellen daran hindern, ihn effektiv zu bekämpfen. In und um den Tumor herum befinden sich jedoch viele T-Zellen, die den Tumor erkennen, aber blockiert sind. Die Immuntherapie vor der Operation reaktiviert diese T-Zellen, wodurch die Immunantwort auf den Tumor verstärkt wird. Dies ist besonders wichtig, da ein Teil dieser Immunität durch die Entfernung des Tumors während der Operation verloren gehen kann (der Tumor wird mit Sicherheitsabstand entfernt und dadurch werden die T-Zellen auch entnommen).
Ein weiterer Vorteil ist, dass durch die neoadjuvante Vorgehensweise der Tumor zusammen mit aktivierten T-Zellen behandelt wird, was die Heilungschancen im Vergleich zur adjuvanten Therapie nach der Operation erhöht. Studien, unter anderem bei Melanomen, deuten darauf hin, dass die Heilungschancen bei etwa 25 % der Patienten signifikant verbessert werden.
Die Entscheidung für eine neoadjuvante Chemo-Immuntherapie erfordert eine sorgfältige Abstimmung im Tumorboard, an dem Experten aus verschiedenen Disziplinen wie Chirurgie, Onkologie und Strahlentherapie beteiligt sind. Besonders wichtig ist es, die Patienten umfassend aufzuklären. Viele Patienten drängen verständlicherweise darauf, den Tumor so schnell wie möglich operativ entfernen zu lassen. Geduld und eine gute Begleitung durch das medizinische Team sind hier entscheidend, um die Vorteile der neoadjuvanten Therapie verständlich zu machen.
Nach der neoadjuvanten Chemo-Immuntherapie und der Operation (hierzu gibt es einen separaten Film) folgt in der Regel eine einjährige Immuntherapie. Diese „Sandwichtherapie“, bei der die Immuntherapie vor und nach der Operation durchgeführt wird, hat das Ziel, die Heilungschancen weiter zu maximieren. In diesem letzten Schritt wird ausschließlich die Immuntherapie angewendet, da die Chemotherapie bereits im Vorfeld verabreicht wurde.
Die Strahlentherapie spielt bei der Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) im Stadium III dann eine Rolle, wenn eine Operation nicht möglich oder sinnvoll ist. Die Notwendigkeit und Art der Bestrahlung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Lage des Tumors, dem Befall der Lymphknoten und der Möglichkeit einer vollständigen Tumorentfernung.
Eine Strahlentherapie wird bevorzugt, wenn der Tumor nicht operabel ist oder die chirurgische Entfernung nur mit einer vollständigen Entfernung eines Lungenflügels (Pneumonektomie) möglich wäre. Solche Eingriffe stellen eine erhebliche Belastung für den Körper dar und werden daher nur in Ausnahmefällen geplant. Besonders in Fällen, in denen Lymphknoten auf der Gegenseite des Tumors befallen sind, wird statt einer Operation oft eine definitive Strahlentherapie in Kombination mit einer Chemotherapie durchgeführt.
Die simultane Chemo-Radiotherapie stellt eine erfolgversprechende Alternative dar. Diese Kombinationstherapie, bei der Chemotherapie und Bestrahlung parallel verlaufen, kann ebenfalls zu langfristigen Heilungschancen führen. Mit einer Erfolgsrate von bis zu 50 % bei Langzeitüberlebenden hat sich diese Methode im Vergleich zu früheren Ansätzen deutlich verbessert.
Früher wurde nach einer Operation häufig eine postoperative Strahlentherapie durchgeführt, insbesondere wenn der Tumor nicht vollständig entfernt werden konnte. Eine große europäische Studie hat jedoch gezeigt, dass diese Methode oft nicht den gewünschten Erfolg bringt. Daher wird die postoperative Bestrahlung heute nur noch in Ausnahmefällen angewendet.
Die Strahlentherapie hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Heute wird besonders darauf geachtet, die Immuntherapie und Bestrahlung so zu kombinieren, dass das Immunsystem nicht unnötig geschädigt wird. Dabei kommen moderne Techniken wie die „Lymphknoten-schonende Radiotherapie“ zum Einsatz. Dieses Konzept reduziert die Belastung der Lymphozyten, die durch die Bestrahlung geschädigt werden könnten, indem gezielt nur die notwendigen Bereiche bestrahlt werden. Auch große Blutgefäße, durch die viele Lymphozyten strömen, werden möglichst ausgespart.
Um von diesen modernen Behandlungsmethoden zu profitieren, wird empfohlen, sich in einem zertifizierten Lungenkrebszentrum behandeln zu lassen. Dort sind die Behandler mit den neuesten Konzepten und Techniken vertraut, die speziell für lokal fortgeschrittene Tumoren entwickelt wurden.
Die Vielzahl moderner Therapieoptionen für das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) im Stadium III erhöht die Heilungschancen erheblich. Jede Therapieform, sei es Chemotherapie, Immuntherapie oder Strahlentherapie, kann jedoch auch spezifische Nebenwirkungen verursachen. Ein effektives Nebenwirkungsmanagement ist daher unerlässlich, um den Therapieerfolg sicherzustellen und die Lebensqualität der Patienten zu erhalten.
Bei Patienten im Stadium III treten die Symptome oft bereits durch die Krankheit selbst auf. Diese Symptome sind meist der Grund, warum die Patienten überhaupt einen Arzt aufsuchen. Häufige Beschwerden in diesem Stadium sind:
Der Start einer Therapie kann herausfordernd sein, da sich die krankheitsbedingten Beschwerden und die unerwünschten Wirkungen der Behandlung zunächst addieren. Die erwünschten Effekte, wie die Linderung tumorbedingter Symptome, treten oft erst verzögert ein. Das kann den Beginn der Behandlung besonders anstrengend machen. Wichtig ist, dass Patienten und behandelnde Teams dies berücksichtigen und die Therapie engmaschig begleiten.
Bei einer Bestrahlung des Mediastinums (Raum zwischen den Lungenflügeln) kommt es häufig zu Nebenwirkungen, insbesondere an der Speiseröhre. Diese kann durch die Strahlen geschädigt werden, was zu:
Diese Beschwerden treten typischerweise ab der dritten Therapiewoche auf und können so schwerwiegend sein, dass eine stationäre Aufnahme zur Schmerztherapie notwendig wird. Strahlentherapeuten weisen in der Regel im Vorfeld auf dieses Risiko hin, sodass die Patienten darauf vorbereitet sind.
Das Nebenwirkungsmanagement erfordert ein geübtes Team, das durch regelmäßige Untersuchungen und Laboranalysen die Beschwerden überwacht und gezielt behandelt. Besonders spezialisierte thoraxonkologische Zentren können hier wertvolle Unterstützung bieten. Das Ziel ist es, trotz der Belastungen der Therapie, das bestmögliche Behandlungsergebnis zu erzielen und die Patienten optimal zu betreuen.
Nach der Behandlung eines lokal fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) beginnt die strukturierte Nachsorge. Diese dient dazu, mögliche Rückfälle frühzeitig zu erkennen und Langzeitfolgen der Therapie zu überwachen. Die Nachsorgeintervalle nehmen mit der Zeit ab, da die Rückfallwahrscheinlichkeit mit zunehmendem Abstand zur Therapie sinkt.
Die Nachsorge ist zeitlich gestaffelt und folgt einem klaren Schema:
Mit fortschreitender Zeit liegt der Fokus weniger auf der Suche nach Rückfällen und mehr auf der Erkennung von Langzeitproblemen und möglichen Zweittumoren.
Ein wichtiger Aspekt der Nachsorge ist die Beobachtung von Langzeitfolgen der Therapie. Häufige Probleme können sein:
Besonders wichtig ist die genaue Unterscheidung zwischen einer Metastase und einem zweiten, unabhängigen Tumor. Während Metastasen oft eine unheilbare Situation darstellen, sind zwei separate Tumoren in der Regel behandelbar und potenziell heilbar. Diese diagnostische Differenzierung ist entscheidend und erfordert präzise und spezialisierte Untersuchungen.
Die Behandlung und Nachsorge von Lungenkrebs sollte idealerweise in zertifizierten Lungenkrebszentren erfolgen. Diese Zentren bieten Expertenwissen und modernste Diagnosetechniken, um Patienten optimal zu betreuen und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.